: Falsches Versprechen der FDP
RECHT Die Opposition rügt den Gesetzentwurf der FDP-Justizministerin: Die „Sicherungsverwahrung“ werde nicht auf Gewalt- und Sexualtäter beschränkt
■ Die SPD will verhindern, dass nach Privatversicherten nun auch gesetzlich versicherte Patienten ihre Arztrechnung per Vorkasse bezahlen. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) möchte das Prinzip der Vorkasse ausdehnen. Das sei ein Weg in die „Drei-Klassen-Medizin“, rügte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
■ Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat an die SPD appelliert, die geplante Hartz-IV-Reform nicht zu blockieren. Das „Bildungspaket“ für bedürftige Kinder sei ein Paradigmenwechsel, sagte von der Leyen am Freitag. Der Gesetzentwurf sieht auch eine Erhöhung der Regelsätze um 5 Euro pro Monat vor.
■ Der Bundestag hat entschieden, dass häusliche Arbeitszimmer ab dem kommenden Jahr wieder von der Steuer abgesetzt werden können. Die Wiedereinführung der 2007 abgeschafften Regelung ist der zentrale Punkt des Jahressteuergesetzes, dem das Parlament am Donnerstagabend zustimmte.
VON CHRISTIAN RATH
Die Grünen wurden am deutlichsten. Die Reform der Sicherungsverwahrung sei „ein großer Schwindel“, sagte deren Abgeordneter Jerzy Montag an diesem Freitag im Bundestag. Erstmals wurde im Bundestag der Gesetzentwurf zur Reform der Sicherungsverwahrung beraten. Darin soll die präventive Haft angeblich auf Gewalt- und Sexualtäter beschränkt werden – was die Grünen bestreiten. Sogar die CSU teilte die Kritik der Grünen.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte zu Beginn erneut betont: „Es kann nicht sein, dass gewaltlose Vermögensdelikte zum Anlass für eine Sicherungsverwahrung nach Verbüßung der Strafe genommen werden.“ Diese Erkenntnis hat sie in ihrem Gesetzentwurf aber nicht umgesetzt. Demnach ist die Verwahrung bei allen Taten möglich, die mit einer Höchststrafe von zehn Jahren oder mehr sanktioniert werden können – ungeachtet der Art der Vergehen.
Genüsslich zählte Jerzy Montag eine lange Reihe von Delikten auf, die von dieser Vorgabe erfasst werden, etwa Subventionsbetrug, Steuerhehlerei oder die Verleitung zu missbräuchlicher Stellung von Asylanträgen.
Auch SPD und Linke fanden, dass der selbstgesetzte Anspruch von der Ministerin noch nicht umgesetzt sei. Selbst der CSU-Rechtsexperte Stephan Mayer unterstützte die Grünen: „Da haben Sie uns an Ihrer Seite.“ FDP-Mann Jörg van Essen räumte ein: „Da müssen wir noch mal nachschauen.“ In der Debatte hatte er zunächst betont, dass laut dem Gesetzentwurf nun immerhin bei Heiratsschwindlern keine Verwahrung mehr drohe.
Das Reformpaket sieht daneben vor, dass die Sicherungsverwahrung nicht mehr nachträglich, das heißt erst während der Haft, angeordnet werden kann. Stattdessen soll die Verwahrung künftig öfter schon im Urteil vorbehalten werden, zum Beispiel bei Ersttätern. Außerdem legten CDU/CSU und FDP den Entwurf eines Therapieunterbringungsgesetzes (ThuG) vor. Es soll verhindern, dass psychisch gestörte und gefährliche Gewalttäter nach einem Straßburger Urteil in Freiheit kommen, weil ihre Sicherungsverwahrung einst rückwirkend verlängert wurde.
Die SPD begrüßte die schwarz-gelben Pläne. Es handele sich um eine „gemeinsame nationale Aufgabe“ von Regierung und Opposition, von Bund und Ländern, sagte Olaf Scholz. Die Grünen bekannten sich zwar zur Sicherungsverwahrung als Instrument, wollen aber das ThuG verhindern, weil der Bund für die bloße Gefahrenabwehr nicht zuständig sei. Die Linke warnte, die Reform sei keine Einschränkung, sondern ein Ausbau der Präventivhaft. Das Gesetzespaket soll nach einer Sachverständigenanhörung in wenigen Wochen beschlossen werden.