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Archiv-Artikel

unterm strich

Der Booker-Preis, die wichtigste britische Auszeichnung für englische Gegenwartsliteratur, ist verliehen worden: an die 35-jährige Schriftstellerin Kiran Desai. Ein Porträt der Autorin lesen Sie auf Seite 2 dieser Ausgabe.

Heute Punkt 13 Uhr kommt es noch dicker, so dick nämlich, dicker geht’s in der Literatur gar nicht: Zu diesem Zeitpunkt wird der diesjährige Nobelpreisträger für Literatur bekannt gegeben. Vorab schießen die traditionelle Spekulationen ins Kraut. Der aktuellste unter den heißesten Tipps: Jean-Marie Gustave Le Clézio. Das würde die Würdigung eines Außenseiterkandidaten bedeuten, aber die Nobelpreisjury hat ja in den vergangenen Jahren – etwa mit den Preisträgern Elfriede Jelinek (2004) und Harold Pinter (2005) – bewiesen, dass bei ihr in dieser Hinsicht mit allem zu rechnen ist. Le Clézio wurde am 13. April 1940 in Nizza geboren und hat in Frankreich Preise ohne Ende bekommen. Sein Debüt „Das Protokoll“ war 1963 für den Prix Goncourt nominiert und bekam dann den Prix Renaudot. Im Jahr 1980 erhielt er für „Wüste“ als Erster den von der Académie française ausgeschriebenen Prix Paul Morand. Sein zuletzt geschriebenes Buch erschien unter dem Titel „Revolutionen“ bei Kiepenheuer & Witsch auf Deutsch.

Ansonsten werden auch dieses Jahr die üblichen Favoriten gehandelt, so der schwedische Lyriker Tomas Tranströmer, der eigentlich immer auf der Liste steht. Große Chancen werden auch dem polnischen Publizisten Ryszard Kapuscinski eingeräumt und dem türkischen Autor Orhan Pamuk – erhielte Letzterer tatsächlich den Preis, würde das ganz sicherlich in seinem Heimatland heiß diskutiert werden; vielleicht ja auch mal wieder vor Gericht, da finden sich türkische Schriftsteller derzeit häufig wieder. Dran wäre aber auch mal wieder ein US-amerikanischer Autor, die beißen bei der Schwedischen Akademie und ihrem Ständigen Sekretär Horace Engdahl aber seit längerem auf Granit. Nobelpreiswürdig sind in jedem Fall Philip Roth, John Updike und Thomas Pynchon – als eine Art Geheimfavorit wird seit einigen Jahren auch Bob Dylan gehandelt. Da die Schwedische Akademie einen erweiterten Literaturbegriff pflegt, erscheint ein Preis für Dylan immerhin als möglich, zugleich hätte das den Charme des doch noch Überraschenden – während ein Preis etwa für Roth oder Updike mittlerweile nur die Umsetzung von etwas längst Überfälligem wäre.

Klar ist: Ende des Jahres werden die schwedischen Schriftsteller Jesper Svenbro und Kristina Lugn als neue Mitglieder in das Juroren-Gremium aufgenommen. Sie ersetzen die gestorbenen Östen Sjöstrand sowie Lars Gyllensten.