: Siemens stellt Weichen auf Abwicklung
Vor dem runden Tisch über die Zukunft von BenQ Mobile geistern Halbinformationen über die Freistellung von tausend Mitarbeitern durch die Medien. IG Metall hält dies für eine verfrühte Resignation und will über neue Geschäftsmodelle reden
von BEATE WILLMS
Dass eine ganze Reihe der rund 3.000 Arbeitsplätze von BenQ Mobile gefährdet sind, war schon klar, als das Unternehmen Ende September aus heiterem Himmel Insolvenz anmeldete. Jetzt soll es jeder dritte sein – das meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Und eine Sprecherin des vorläufigen Insolvenzverwalters, Martin Prager, bestätigte: „Eine Größenordnung von 1.000 Stellen ist nicht ganz unrealistisch.“
Damit scheint es, als sei der Rahmen für den runden Tisch abgesteckt, zu dem Prager heute Vertreter der Landesregierungen von NRW und Bayern, der Siemens AG, der Bundesagentur für Arbeit und der Gewerkschaft IG Metall erwartet. Tatsächlich ist jedoch weder der Stellenabbau sicher noch die Tagesordnung für die heutige Runde. „Es scheint, als wolle hier ein Akteur einen völlig anderen Fokus als die anderen“, sagte IG-Metall-Sprecher Jörg Köther. Eingeladen hat Prager in der erklärten Absicht, offen auszuloten, welche Perspektiven es für das ehemalige Tochterunternehmen der Siemens AG gibt, das erst im vergangenen Jahr von der taiwanesischen BenQ übernommen worden war.
„Da wäre zu diskutieren, wie man Interessenten gewinnt, welche Konzepte oder Geschäftsideen erfolgversprechend sind – und wie und wer die dann finanziert“, sagte Köther der taz. Dabei hofft er auf die Unterstützung der Landesregierungen. Wenn man sich stattdessen jetzt schon auf den möglichen Stellenabbau konzentriere, mache man „den dritten Schritt vor dem ersten“.
Siemens wäre das offenbar ganz recht. In den vergangenen Tagen hatte der Konzern bereits erklärt, über eine Beschäftigungsgesellschaft reden zu wollen, die die BenQ-Mitarbeiter auffangen könnte. Und gestern verkündete Vorstandschef Klaus Kleinfeld, er habe eine Jobbörse eingerichtet, über die sich BenQ-Leute „unbürokratisch und schnell“ auf die derzeit 2.000 freien Stellen bei Siemens bewerben könnten.
Köther hält das allerdings für Schaumschlägerei: „Welcher Arbeiter aus der Handyproduktion in Kamp-Lintfort oder Bocholt soll denn jetzt einen Ingenieursposten in der Turbinenfertigung übernehmen?“ Und für eine Weiterqualifizierung bräuchte man Geld in einer „anderen Dimension“ als die 35 Millionen Euro, die Siemens bislang zugesagt hat. Für ihn ist klar: „Siemens versucht hier, sich schnell und preiswert rauszuziehen.“ Dort heißt es nur, es sei „nicht die Aufgabe des Konzerns, sich jetzt unternehmerisch zu engagieren“.
Bei den 1.000 Arbeitsplätzen, die akut gefährdet sein sollen, geht es auch noch nicht um Kündigungen. Nicht nur, weil der Insolvenzverwalter gar keine Entlassungen aussprechen kann, solange das Insolvenzverfahren nicht eröffnet ist – und auch dann müsste er erst einen Sozialplan mit dem Betriebsrat aushandeln. Es wäre auch eine Vorentscheidung für die Zukunft des Unternehmens, die Prager derzeit nicht treffen kann. Tatsächlich sollen die 1.000 Betroffenen lediglich „freigestellt“ werden. Sie beziehen weiter Insolvenzausfallgeld, sind weiter in dem Unternehmen beschäftigt. Ihre Dienste würden aber während der Freistellung nicht gebraucht. Nach Informationen von Köther handelt es sich um Beschäftigte in der Marketing- und anderen Verwaltungsabteilungen, in denen es während der jetzigen Sondierungsphase nichts zu tun gibt.