Schleusen öffnen für private Ingenieurbüros

VERKEHR Regierung plant den Umbau der Verwaltung von Wasserstraßen. SPD warnt vor höheren Kosten

BERLIN taz | Wenn eine Schiff eine Schleuse beschädigt, kommt die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) zum Zug. Sie kann schnell jemanden losschicken, der sie repariert. In Zukunft wird das nicht mehr möglich sein. Denn die Bundesregierung will die WSV radikal umbauen. So radikal, dass SPD und Arbeitnehmervertreter bereits vor einer Zerschlagung warnen. „Schwarz-Gelb gräbt der WSV das Wasser ab“, kritisiert der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer. Geht dann eine Schleuse kaputt, muss der Auftrag an private Firmen vergeben werden. „Keiner weiß, ob und zu welchem Preis die das machen“, warnt Torsten Müller, der Vorsitzende des Fachverbandes Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Trotzdem sollen künftig alle Ingenieursdienstleistungen im Wasserbereich privatisiert werden.

Die WSV ist für die Sicherung aller Wasserstraßen in den deutschen Seegebieten in Nord- und Ostsee sowie im Binnenland zuständig. Nun wollen Union und FDP aus der „Ausführungsverwaltung“ eine „Gewährleistungsverwaltung“ machen und haben das im Haushaltsausschuss des Bundestages in der vergangenen Woche auch so durchgesetzt. Beckmeyer spricht von einem ideologischen Ansatz „Privat geht vor Staat“.

Dabei habe sich oft genug herausgestellt, dass private Lösungen keineswegs besser seien. Beispielsweise habe der Staat in der Vergangenheit Nassbaggerarbeiten nicht mehr selbst durchgeführt, sondern ausgeschrieben. Dadurch seien diese zunächst billiger geworden – „aber nach fünf Jahren schossen die Preise durch die Decke“. Jetzt werde überlegt, zwei Nassbagger selber zu bauen.

Dem Vorwurf, die Wasserstraßenverwaltung sei eine der aufgeblähtesten Behörden Deutschlands, tritt Beckmeyer entgegen: Sie habe in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt Stellen abgebaut. 2001 habe es noch 16.000 Planstellen gegeben. Diese Zahl sei mittlerweile auf 13.000 gesunken.

Nach Ansicht des SPD-Verkehrsexperten liegt die Arbeit der Wasserstraßenverwaltung „im gesamtwirtschaftlichen Interesse und ist von hoher strategischer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“. Immerhin gehe ein Viertel der Exporte über die Wasserstraßen in Nord- und Ostsee; sie gehörten zu den meistbefahrenen der Welt. Eine ordnungsgemäße Überwachung sei auch aus Sicherheits- und ökologischen Gründen notwendig.

Umweltschützer kritisieren jedoch auch häufig das Vorgehen der Wasser- und Schifffahrtsämter – etwa wenn es um den Ausbau und die Vertiefung von Flüssen geht. RICHARD ROTHER