„Mit der taz rumgewedelt“

Ein paar Jahre konnte die Bremer taz ein wenig mitregieren: Während der Ampel-Koalition. Am Ende stand für Bürgermeister Klaus Wedemeier der Rücktritt, für Bremen die große Koalition

Interview: Klaus WOLSCHNER

taz: Was war das größte Problem für die Ampel-Koalition?Wedemeier: Die Ampel war nicht medien-like, sie war ein ungeliebtes Kind. Wir hätten machen können, was wir wollten …

Unabhängig von der Sache? Bei wem war sie denn ungeliebt?

Die Medien wollten 1991 eine große Koalition, ich wollte es auch, aber der Landesvorstand inklusive Henning Scherf wollte es nicht. Und dann haben wir diese Ampel unter Geburtswehen zustande gebracht.

Die Medien wollten die große Koalition? Das gilt für die taz nicht.

Nein, für die taz nicht, aber es gilt für die Großen. Der Weserkurier hatte über meinen Amtsvorgänger Hans Koschnick immer sehr höflich berichtet, das war eine Art Hofberichterstattung. Bei mir waren die sehr viel kritischer von Beginn an. Ich habe hin und wieder Hintergrundgespräche geführt. Ich habe versucht, zu erklären, warum ich etwas so und nicht anders mache. Aber da ist man immer in der Gefahr, wenn man zu viel Vertrauliches erzählt, dass das dann doch herauskommt.

Haben Sie einmal beim Verleger des Weserkurier interveniert?

Einmal habe ich ihm einen Brief geschrieben. Davon kann ich nur abraten. Ich hatte mich so geärgert über eine falsche Berichterstattung. Das mit dem Brief ist direkt dem Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft zugetragen worden. Meine Pressestelle hätte mich davon abhalten müssen. Ich sage seitdem: Bloß nicht! Man darf nicht versuchen, Druck von oben auszuüben, man muss versuchen, mit den Journalisten zu reden.

Und die taz?

Die taz hatte innerparteilich einen ziemlichen Einfluss. Auf Landesparteitagen war den Delegierten viel wichtiger, was in der taz steht, als im Weserkurier. Von dem ließen sie sich überhaupt nicht beeinflussen. Die taz wurde in der SPD von vielen als ein objektives Medium betrachtet, und wenn da was Kritisches drinstand, dann war das schwierig. Darüber habe ich mich oft geärgert, dass die da so mit der taz rumwedelten.

Ihr Nachfolger Henning Scherf hat es von 1995 bis zuletzt geschafft, dass der Weserkurier zu ihm gehalten hat. Wie macht man das?

Ich habe es nicht gekonnt, er hat es gekonnt. Ich erinnere mich an eine Zeit, da war er schon Senator, da hat er über einen bestimmten Journalisten, heute Chefredakteur eines Anzeigenblattes, gesagt: Mit dem rede ich kein Wort mehr. Mit dem war er so etwas von durch. Es gab auch andere, mit denen er durch war.

Und als er dann Bürgermeister war, da war alles anders. Ihm war wichtig, dass er da gut rüberkommt, und er hat es hingekriegt, sich zu vertragen. Er hat es hingekriegt, dass die ihn geliebt haben.

Journalisten lassen sich leicht einwickeln?

Journalisten lassen sich auch einwickeln. Aber es gehört auch einer dazu, der das hinkriegt. Henning Scherf ist ein begnadeter Kommunikator. Auch Koschnick hat das so nicht hingekriegt.

Die Bremer taz hat heute in der SPD nicht mehr die Bedeutung wie damals.

Nein. Aber gucken Sie sich mal den SPD-Landesparteitag an, da hat überhaupt keiner mehr Einfluss, auch der Landesvorsitzende nicht. Das liegt aber auch daran, wie Henning Scherf mit der Partei umgegangen ist. Henning Scherf hat gesagt: Ich habe einen Wählerauftrag, und der heißt große Koalition. Ihr habt Euer Abgeordnetenmandat nur, weil ich gewählt worden bin. Damit war dann auch der Landesparteitag entmachtet.

Fotohinweis: Klaus Wedemeier, 62, war von 1985 bis 1995 Präsident des Senats. Seitdem arbeitet er als Unternehmensberater.