„Wie Europas extreme Rechte“

Der hochrangige kongolesische Präsidentenberater She Okitundu über das politische Klima im Kongo vor der Stichwahl Ende Oktober und einen tätlichen Angriff auf ihn selbst

taz: She Okitundu, Sie sind Kabinettschef von Kongos Präsident Joseph Kabila, und als Sie letzte Woche in London waren, wurden Sie zusammengeschlagen. Was ist passiert?

She Okitundu: Ich war gerade im Außenministerium gewesen und fuhr nach Wembley, um an einer TV-Sendung teilzunehmen, wo ich mit Exilkongolesen am Telefon diskutieren sollte. Kaum waren wir angekommen, kamen rund zwanzig Aggressoren an, richtige brutale Banditen, die unsere Autotüren aufrissen und uns rauszogen. Wir wurden verprügelt, wie ich das noch nie erlebt habe. Sieben haben sich auf mich gestürzt, die anderen verprügelten die beiden anderen Delegationsmitglieder, also den Londoner Vertreter der PPRD [Kabilas Partei, d. Red.] und den ehemaligen kongolesischen Botschafter Henri Swana. Ich wurde nackt ausgezogen, ich bekam Schläge mit einer Eisenstange und einem Stock, mein Rücken ist völlig zerbeult. Dann schleifte man mich auf die Straße und ließ mich liegen. Erst nach einer halben Stunde kam die Polizei mit einem Krankenwagen und brachte mich in ein Krankenhaus.

Wissen Sie, wer die Angreifer waren und wer das in Auftrag gegeben hat?

Die Auftraggeber kann ich nicht identifizieren. Aber die Angreifer sprachen Lingala [die Sprache des Westkongo, die Kabila nicht spricht, d. Red.] und beschuldigten mich, für „die Ruander“ zu arbeiten. Sie sagten, wir würden verhindern wollen, dass Jean-Pierre Bemba Präsident wird, dass die wahren Kongolesen an die Macht kommen. Ich denke, es war eine Falle. Die haben uns erwartet, es war kein Zufall, jemand hat sie dahin geschickt.

Ist das ein Einzelfall?

Nein, denn vor London waren wir in Paris, und wenn wir da nicht aufgepasst hätten, wäre uns das da schon passiert. Als wir zum Rundfunk für eine Radiodiskussion kamen, versuchte eine Gruppe dasselbe. Wir hatten Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Aber in Großbritannien haben wir daran nicht gedacht. Das beweist, dass es eine konzertierte Aktion von Leuten war, die kein Interesse daran haben, dass der Wahlprozess seinen Gang geht.

Deutet der Angriff auf Sie darauf hin, dass die Dinge auch im Kongo schlecht laufen, oder ist diese Art Verhalten auf die Exilszene beschränkt?

Nein, leider wird in Kinshasa in einigen Fernsehsendern und Radiostationen eine rassistische Kampagne gegen uns betrieben, die eine verheerende Wirkung auf die öffentliche Meinung hat, vor allem auf Leute ohne Bildung. Die sind leicht zu manipulieren und tappen in die Falle dieser Kampagne – mit allen Konsequenzen. Man manipuliert durch Vereinfachung, so wie die extreme Rechte in Europa. Und leider geht diese Kampagne weiter, trotz der Appelle der internationalen Gemeinschaft und von großen Teilen der öffentlichen Meinung in Kinshasa. Nach diesem Angriff denke ich, dass Maßnahmen unabdingbar sind, sowohl im Land als auch auf internationaler Ebene. Ich habe bereits in Großbritannien Klage eingereicht.

INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER