ERIC BONSE ÜBER DIE EU UND DIE KRISE IN DER UKRAINE : Letzte Chance für die Diplomatie
In Gefahr und Not bringt der Mittelweg den Tod. An diesen alten Spruch erinnert das scheinbar ausgewogene Vorgehen der EU-Außenminister in der Ukrainekrise. Kurz vor dem möglicherweise entscheidenden Treffen mit Russland, den USA und der Ukraine am Donnerstag in Genf haben sie erneut einen Doppelbeschluss gefasst: Mehr Hilfe für die Ukraine, mehr Sanktionen gegen Russland.
Die Regierung in Kiew soll die versprochene Milliardenspritze erhalten, in Moskau werden weitere Politiker mit Reiseverbot und Kontensperrung belegt. Das klingt gut, sogar gerecht. Schließlich lässt sich kaum bestreiten, dass Russland zumindest billigend hinter dem Chaos in der Ostukraine steckt. Das kann Europa nicht achselzuckend hinnehmen.
Und schließlich braucht Kiew dringend Hilfe. Die Regierung steht vor der Pleite, dem Staat droht wegen des Aufstands im Osten der Kollaps. Da müssen wir helfen, haben sich die EU-Minister wohl gedacht. Doch sie helfen den Falschen. Es kann nicht sein, dass wir eine Staatsführung belohnen, die Antiterroreinheiten gegen die Aufständischen – und das eigene Volk – einsetzt. Kurz nach dem EU-Beschluss begann die Offensive im Osten, die in einen Bürgerkrieg münden könnte. Warum hat die EU ihre Finanzhilfe nicht an Konditionen geknüpft, zum Beispiel an ein behutsames Vorgehen im Osten? Gute Diplomatie sieht anders aus. Und warum setzt sie die gescheiterte Politik der Sanktionen fort? Bisher haben sie weder Russland gestoppt noch die Krise entschärft.
Immerhin bleibt eine letzte Chance: Die Viererrunde am Donnerstag in Genf will sich um diplomatische Verständigung bemühen. Es könnte die letzte Möglichkeit für eine friedliche Beilegung des Konflikts sein. Dafür müssen sich aber alle bewegen, auch die EU. Der bisher beschrittene Mittelweg führt in eine Sackgasse.
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