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Archiv-Artikel

Imagine there’s no Wowereit

ERBFOLGEKRIEG IN DER SPD

König Klaus ist müde – doch seine Söhne sind noch grün hinter den Ohren

Kurz vor Ostern hat sich Jan Stöß in der Öffentlichkeit gezeigt. Bei der provisorischen Öffnung einer der Yorckbrücken als Verbindung zwischen dem Gleisdreieck-Park und dem Flaschenhals hat der SPD-Landeschef ein Lächeln aufgesetzt, das Zuversicht ausstrahlen sollte. Das war, einen Tag nachdem Herausforderer Raed Saleh seine Herausforderung wieder ein bisschen zurückgenommen hat. Das mag gut sein für Stöß, weil er vorerst ohne Konkurrenten weitermachen kann. Für die SPD, der der 40-Jährige seit zwei Jahren vorsteht, ist es eine Katastrophe.

Wäre die SPD eine Dynastie, müsste man das Ganze wohl als Erbfolgekrieg bezeichnen: König Klaus ist müde – und darüber hinaus beim Volk nicht mehr gelitten – und würde die Krone am liebsten weitergeben. Doch seine beiden Söhne sind noch grün hinter den Ohren und beim Volk noch unbeliebter. Und nun hat der Jüngere auch noch dem Erstgeborenen die natürliche Erbfolge streitig gemacht. Wenn das mal keine Gelegenheit böte für den feindlichen König Frank, dem Königreich SPD die Krone streitig zu machen …

Nun mag man als Mensch des 21. Jahrhunderts einwenden, die Berliner SPD sei kein Erbhof des 18. Jahrhunderts, sondern eine demokratische Partei: Doch ist diese Erkenntnis auch beim handelnden Personal angekommen? Stöß zum Beispiel, einer der beiden „Söhne“, erklärt jedem, der es wissen will, wie gern er sich Wowereits Krone aufsetzen will – lieber heute als morgen. Saleh, der Jüngere, will die Krone ebenfalls, nur lässt er sich etwas mehr Zeit. Weil er aber mitbekommen hat, dass König Klaus lieber ihm als den anderen sein Reich vererben möchte, wird er wohl seinen Hut in den Ring werfen. Beiden gemeinsam ist, dass ihnen die Krone wichtiger ist als das Königreich und das Wohl seiner Untertanen. Beide wären damit Könige ohne Land – und zwar ziemlich arrogante.

In so einer Situation wäre es nicht verwunderlich, entschiede sich der König aus Trotz, noch ein paar Jahre dranzuhängen. Doch auch er würde nicht mehr aufhalten können, was der SPD wohl bevorsteht. Die Auflösung einer alten Ordnung – und das ist auch gut so. Die Revolution wird also kommen, vielleicht sogar in Gestalt von Schwarz-Grün. Die SPD, seit 25 Jahren ununterbrochen an der Macht, kann ihre Machtspielchen dann in der Opposition fortsetzen. Das verschont auch das Publikum. Es hat diese Pause verdient. UWE RADA