: 25 Milliarden für Medikamente
Arznei-Experten kritisieren unnötig hohe Ausgaben. Regierung verweist auf Reformen
BERLIN dpa/afp ■ Mit der Verordnung immer neuer Medikamente ohne Zusatznutzen verschwenden Deutschlands Ärzte nach Auskunft des neuen Arzneiverordnungs-Reports Milliarden zu Lasten der Beitragszahler. Im vergangenen Jahr hätten 3,5 Milliarden Euro gespart werden können, erklärten die Autoren der Studie gestern in Berlin.
Weder mit dem Arzneimittel-Spargesetz noch mit der geplanten Gesundheitsreform gelinge der Bundesregierung die mögliche finanzielle Entlastung der Versicherten, sagte Herausgeber Ulrich Schwabe. Der Einfluss der Pharmaindustrie auf Ärzte sei in Deutschland besonders groß; in Schweden oder Großbritannien kosteten gängige Mittel oft ein Zehntel des deutschen Preises.
Die Arzneimittelkosten waren 2005 um 3,6 Milliarden auf 25,4 Milliarden Euro gestiegen. Damit sind die Arzneimittel zweitgrößter Kostenfaktor der Gesetzlichen Krankenkassen, noch vor den ärztlichen Behandlungen.
SPD-Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merk wies die Kritik der Studien-Autoren zurück. Seit Inkrafttreten des Arzneimittel-Spargesetzes Mitte des Jahres seien die Ausgaben stetig zurückgegangen, sagte sie. Es sei zu erwarten, dass das angestrebte Einsparvolumen von 1,3 Milliarden Euro binnen zwölf Monaten erreicht wird. Seit 1. Juli sind Arzneimittel, deren Preise mindestens 30 Prozent unter den Festbeträgen liegen, von Zuzahlungen befreit. Unter anderem mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln schaffe die geplante Gesundheitsreform weitere wirksame Instrumente, so Caspers-Merk.
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung wies die Kritik zurück: „Mehrausgaben im Gesundheitswesen beruhen auf einer verbesserten Versorgung von schwer- und schwerstkranken Patienten.“ Dem Arzneimittel-Report zufolge wurden zwei Drittel des Kostenanstiegs durch innovative und sinnvolle Arzneimittel verursacht. Ein Drittel des Kostenzuwachses sei aber durch Verordnung teurer Analogpräparate ohne therapeutischen Zusatznutzen entstanden. Dabei handelt es sich um Medikamente, die bereits auf dem Markt existierenden ähnlich sind.
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