: Streik vorbei – oder?
Das Verhandlungsergebnis beim BSH lehnen fast zwei Drittel der Beschäftigten ab. Sie wollen weiter streiken
Buhrufe und Pfiffe gab es gestern, als Luis Sergio, IG-Metall-Streikleiter im Bosch-Siemens-Hausgerätewerk (BSH) in Gartenfeld, das Ergebnis der Urabstimmung verkündete: Bei 95 Prozent Wahlbeteiligung hatten sich insgesamt rund 64 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Belegschaft gegen das Verhandlungsergebnis ausgesprochen. Der IGM-Satzung zufolge sind zur Fortführung des Streiks aber 75 Prozent der Stimmen nötig.
Das Ergebnis, das die Verhandlungs- und die Tarifkommission der IG Metall in der Nacht zu Donnerstag mit der BSH-Geschäftsführung vereinbart hatte, sieht die Streichung von 216 der 616 Arbeitsplätze in der Produktion vor. Die Verbleibenden müssen auf Weihnachts-und Urlaubsgeld sowie auf die Schichtzulage verzichten. Das BSH hatte auch gefordert, dass weitere Proteste unterbleiben. Busse, die zu einer gemeinsamen Demo mit KollegInnen nach München unterwegs waren, wurden zum Ärger vieler Streikenden zurückgerufen.
Mit lauten Pfiffen wurde deshalb auch Olivier Höbel, IG-Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen, empfangen. Mit den Worten „Nur Streikbrecher bleiben hier!“ verließen die Beschäftigten bis auf wenige Ausnahmen das Streikzelt.
„Viele ärgern sich, dass schon in der ersten Verhandlung Ja gesagt wurde“, sagte ein Arbeiter vor Bekanntgabe des Ergebnisses. „Da wäre mehr drin gewesen.“ Bernd Kruppa, Sprecher der IGM, kann die Kritik nachvollziehen. Er hätte sich mehr Kommunikation erhofft, um den Abschluss vor den Kollegen zu vertreten. Das sei aber in der kurzen Zeit nicht möglich gewesen. Es habe zudem „offensichtlich keine Alternative“ zum Erreichten gegeben.
Die IG-Metall-Führung müsse nun agieren, damit der Kampf nicht aufhöre, sagte Betriebsratsvorsitzender Güngör Demirci zur Belegschaft. „Wir werden diese Auseinandersetzung bis zum bitteren Ende führen.“ Ob die Gewerkschaft im Falle einer Fortsetzung des Streiks diesen weiter unterstützen werde, werde der Vorstand am Montag beraten, sagte Streikleiter Sergio. Vor Ort soll die Streikleitung der IG Metall unterdessen verkündet haben, die Zelte noch in der Nacht zum Samstag abbrechen zu wollen. JÖRG MEYER