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Archiv-Artikel

Idyllischer Nischenmarkt

Überleben durch Naturschutz: Anbieter wie Wilderness Safari, aber auch die GTZ und die Organisation Fairer Handel im Tourismus arbeiten eng mit Gemeinden in Naturparks zusammen

Schnorcheln in den Riffen, schwimmen mit Delfinen oder sogar mit Walen

von MARTINA SCHWIKOWSKI

Der endlose Sandstrand zwischen Kosi Bay und Sodwana Bay streckt sich in unberührter Natur entlang der einzigartigen Küstenlandschaft des Indischen Ozeans in Maputaland, der nordöstlichen Region in KwaZulu-Natal. Strandliebhaber können stundenlang spazieren gehen, ohne auf eine Menschenseele zu treffen. Lediglich eine Unterkunft mit komfortablen Holzhütten für Besucher liegt nur wenige Meter von diesem breiten Strand entfernt, hinter den bewaldeten Dünen der Küste – die Rocktail Bay Lodge. Benannt wurde diese Bucht nach einem Fischtrawler, der hier in den südafrikanischen Gewässern vor vielen Jahren sank.

Die Lodge ist ein idealer Ort für Touristen, um auf Tauchstation zu gehen und die vielfältige Meereswelt des Maputaland Marine Reservats unter Wasser zu erkunden. Die Möglichkeiten sind abenteuerlich: schnorcheln in den Riffen, schwimmen mit Delfinen oder sogar Walen oder eine nächtliche Exkursion mit fachkundigen Begleitern und Wissenschaftlern zu den Nestern der gigantischen Leatherback- und Loggerhead-Schildkröten, die seit Jahrtausenden im afrikanischen Sommer bei Ebbe an den Strand kommen und dort ihre Eier ablegen.

Die Lodge ist auch die gelungene Verknüpfung von Ökotourismus, Naturschutz und Einbindung der einheimischen Bewohner. Das Projekt hat dem Betreiber Wilderness Safaris mehrere Preise eingebracht, darunter die Imvelo-Auszeichnung auf dem Weltgipfel für Nachhaltigkeit 2002 in Johannesburg für die beste Gemeinde-Tourismus-Partnerschaft.

Wilderness Safaris (www.wilderness-safaris.com) startete im Tourismusgeschäft vor 25 Jahren mit der Organisation von Überlandtouren. Heute unterhält die Gruppe 50 Camps und Lodges im südlichen Afrika, die dem Firmengrundsatz von Ökotourismus und nachhaltiger Entwicklung verschrieben sind. „Wir glauben, dass die Zukunft der Konservierung in Afrika von der Teilnahme der Gemeinden abhängt, die nahe dieser wilden Gebiete leben“, sagt James Ramsay, Geschäftsführer bei Wilderness Safaris Südafrika in Johannesburg.

Der Greater St. Lucia Wetland Park gehört zum Weltkulturerbe Südafrikas. Es gibt nur wenige Küstenabschnitte im Land, die so abgeschieden sind. Die Partnerschaft besteht zwischen Wilderness Safaris, der Parkbehörde und den anliegenden Gemeinden der Mqobela und Mpukane, die im frühen 19. Jahrhundert vor den Gewaltausbrüchen unter der Herrschaft des Zulukönigs Shaka in diese Küstenregion geflohen waren.

Ihre Geschichte wird auf Touren durch die Rocktail Bay für die Gäste vermittelt. Mehr als 2 Prozent der 1.500 Anwohner sind dauerhaft bei der Lodge angestellt. Die Gemeinden sollen in naher Zukunft 50 Prozent der Firmenanteile der Lodge erhalten. „Die Anteile sind risikofrei, denn die Gemeinden haben keine Verantwortung. Bei Banken würden sie keinen Kredit erhalten, also ist die geschäftliche Zusammenarbeit auf privater Ebene sinnvoll“, sagt Ramsay. Obwohl die Mqobelas und Mpukanes das Land nicht besitzen, zahlt Wilderness Safaris Miete in einen Gemeindefonds.

Wilderness Safaris hat bereits die Einrichtung einer Tauchstation in einem zweiten Camp, in Manzengwenya, rund zwölf Kilometer südlich von Rocktail Bay, geplant. Neben Schnorchelexkursionen, Kanufahrten und Beobachtung von Nilpferden, Vögeln sowie weiteren Aktivitäten werden die Einheimischen interessierte Touristen zu ihren traditionellen Heilern in ihre Dörfer mitnehmen und ihre Kultur näher bringen.

Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ist am Vorhaben planerisch beteiligt und stellt sicher, dass sich die Anwohner einbringen können und Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Vorzeigebeispiel Südafrikas für nachhaltige Entwicklung im Tourismussektor liegt im Dreiländereck des Krüger Nationalparks, der an Simbabwe und Mosambik im Norden angrenzt. Dort, am Fluss Luvubuhu, hat der Klan der Makulekes 1996 erfolgreich sein angestammtes Land von der demokratischen Regierung Südafrikas zurückgefordert.

Ihre Geschichte lässt sich 140 Jahre zurückverfolgen, bevor sie 1969 unter der weißen Apartheidregierung Südafrikas vertrieben worden waren. Einst zählte der Volksstamm 3.000 Mitglieder, heute sind es etwa 20.000 Angehörige. Sie sind als eine der ersten schwarzen Gemeinden im neuen Südafrika zu Landeigentümern geworden. Heute besitzen sie immerhin eine 24.000 Hektar große Fläche, auf der riesige Elefanten- und Büffelherden, Löwen und Leoparden leben.

Die Makulekes zogen nicht zurück auf das Land ihrer Vorfahren, sondern blieben in ihren Dörfern und verwalten nun ihre Heimat. In Zusammenarbeit mit der südafrikanischen Parkbehörde haben die Makulekes einen Plan zur Bewirtschaftung ihres Landes erarbeitet, der eine fünfzigprozentige Partnerschaft garantiert. Beide Parteien sind anteilig in einem Komitee vertreten. Sie haben zugestimmt, das Diamantenvorkommen unter der Erde nicht zu schürfen, sondern durch Ausbildung und Arbeitsplatzbeschaffung den Makulekes Vorteile zu verschaffen. Mit Hilfe des Transformprogramms der GTZ konnte eine demokratische Genossenschaft aufgebaut werden. Ein gewählter Verwaltungsrat verhandelt mit Investoren, verteilt die entstehenden Jobs und entscheidet, was mit den eingehenden Geldern geschieht. Zum Beispiel sind Einkommensquellen geschaffen worden, wie die Produktion von frischem Gemüse für Touristen, der beiden von ihnen miterbauten Lodges auf ihrem Land oder Bewässerung der Felder. Kleine Eigenbetriebe wie eine Reinigung oder Bäckerei sorgen fürs Auskommen und manch einer sichert sich durch die Ausbildung zum Wildhüter eine Existenz. Zudem brachte anfänglich der kontrollierte Verkauf von Abschusslizenzen für Elefanten an wohlhabende weiße Jäger der wachsenden Population im Park Profit. Die Makulekes gründeten eine Firma in ihrem Namen, die sie am Umsatz der Unterkünfte namens Outpost (www.theoutpost.co.za) und Parfuri Lodge, die auch der Anbieterkette Wilderness Safaris gehört, beteiligt. Und haben damit ihre drei Dörfer mit Strom versorgen können.

Acht Prozent des Umsatzes der hochmodernen Outpost-Lodge, die ein Johannesburger Hotelier baute, wird an die Gemeinde ausgezahlt. Zwei Prozent fließen in eine Wohlfahrtsstiftung für die Arbeiter. Die Umsatzbeteiligung soll ihnen 1,2 Millionen Euro jährlich einbringen. Nach dreißig Jahren geht die Lodge in den Besitz der Makulekes über, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, das Management zu gewährleisten. Doch daran gibt es unter Experten kaum Zweifel, das Projekt ist stabil.

„Es ist ein Nischenmarkt, der besonders in Europa schnell wächst“, meint Jennifer Seif, Direktorin der unabhängigen Organisation Fairer Handel im Tourismus. Sie prüft Unterkünfte und touristische Angebote wie Wanderwege, Township-Touren und Wildreservate auf Naturverträglichkeit in Verbindung mit sozialen Verbesserungen für die umliegenden, meist armen Gemeinden. Sie sollen Nutzen aus dem Tourismus ziehen. Kriterien sind faire Gehälter und Arbeitsbedingungen, Sozialabsicherungen, Weiterbildungen, Gesundheits- und HIV/Aids-Aufklärung sowie Respekt für Menschenrechte, Kultur und Umwelt.

Die Tourismusindustrie ist groß und ebenfalls die Versprechungen. „Sie werden nicht immer eingehalten“, sagt Seif. Doch wenn das Angebot stimmt, erhalten die Unternehmen das Gütesiegel des verantwortungsvollen Tourismus. In Südafrika haben Inspektoren im Auftrag der NRO seit Beginn vor vier Jahren bereits 21 Auszeichnungen vergeben (siehe Liste unter www.fairtourismsa.org.za). Dazu zählt zum Beispiel das exklusive, private Wildreservat Sabi Sabi (www.sabisabi.com) südlich des Krüger Nationalparks, das Weingut und Hotel Spier in Stellenbosch nahe Kapstadt (www.spier.co.za) und die Öko-Abenteuer-Anbieter Stormsriver (www.stormsriver.com) im Tsitiskamma Natur-Reservat in der Provinz Ostkap sowie die ökofreundliche Herberge für Rucksacktouristen an der Wildküste. Die Outpost und Pafuri Lodge bewerben sich gerade um dieses Handelszeichen für fairen Tourismus.