: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Mit der Solidarität ist das so eine Sache: Fürs prekäre Berlin soll es heute keine weitere Bundeshilfen geben. Aber ohne die Kohle von Saar und Ruhr wären Bayern, Baden-Württemberg und andere in der Gründungszeit erfroren
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Gewerkschaften protestieren gegen Merkel.
Was wird besser in dieser?
Schröder erzählt, wie Gewerkschaften gegen ihn protestierten.
Berlin ist gar nicht so arm, meinen die Verfassungsrichter in Karlsruhe. Zu Recht?
Wowereit will die Kita-Beiträge abschaffen, wie im Wahlkampf versprochen, und nur erwägt man, die Gewerbesteuer zu heben und weitere Kredite aufzunehmen. Das ist das Gegenteil der Gerichtsempfehlung, bei gleichbleibenden Einnahmen die Ausgaben zu kürzen. Und also doch ein spannendes Solo gegen den neoliberalen Chor. Den Urteilstenor, Berlin sei zuzutrauen, aus eigener Kraft die Schulden abzubauen, kann sich die PDS gerahmt aufhängen; Kompliment aus Karlsruhe.
Muss der Bund mehr für Kultur und Wissenschaft in der Hauptstadt zahlen? Oder passt gerade eine unauffällige, etwas verlotterte Hauptstadt zum föderalen Deutschland?
Bis 1990 zahlte der Bund die Hälfte des Berliner Haushaltes, Begründung: deutsche Teilung. Seitdem will Berlin unvermindert Bonuskohle, Begründung: deutsche Einigung; das Protokoll notiert Heiterkeit in Gelsenkirchen.
Bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform geht es ums Geld. Die Reichen wollen weniger zahlen. Muss man sich, wie Köhler schon mal meinte, von der Idee einheitlicher Lebensverhältnisse verabschieden?
Ohne Kohle von Saar und Ruhr wären Bayern, Baden-Württemberg und andere in der Gründungszeit erfroren. Der Dank ist eher schäbig und geht mit unverhohlenen Gebietsansprüchen einher: Wir lassen euch hungern, bis ihr beitretet. Wenn Köhler von großen Einheiten träumt, die aus sich heraus Kosten senken, kann er mal was zu 350 Verwaltungswasserköpfen von 350 Krankenkassen sagen. Nach Fischer als Außenminister ist ein Verfassungsfeind im höchsten Staatsamt eine weitere Überraschung.
Brauchen wir mehr Wettbewerb im Föderalismus? Oder mehr Solidarität?
Das Interessante an Statik ist Elastik, das Wichtigste auch an der größten Brücke ist die unscheinbare kleine Witterungsfuge. Bayern und BaWü bedienen sich gerade bei der Gesundheitsreform mit dem Argument, bessere Beitragszahler zu haben, die deshalb auch weniger zuzahlen sollten. Sie sind stets finsterföderal, wenn’s drum geht, noch einen Euro mitzunehmen. Der Geist der Verfassung war, durch Solidarität den unterschiedlichen Regionen Spielräume zu erhalten.
Ist ein Verbot, zu viele Schulden zu machen – eine Art Maastricht für die Bundesländer –, eine kluger Weg?
Berlins Finanzsenator Sarrazin kündigt an, vielleicht in 5, 6 Jahren das Verfassungsgebot, die Neuverschuldung unter die Investitionsausgaben zu drücken, erreichen zu wollen. Das klingt doch eher danach, dass denen herzlich wurscht ist, welches Gebot sie gerade schrägen, ob das alte oder ein neues.
Alle reden über Armut & Unterschicht. Wie lange noch?
Gemeinsamer Nenner der teils widerstreitenden Betrachtungen scheint mir die Verobjektung dessen zu sein, was seit und nach Marx als „Klasse“ betrachtet wurde: als aus seiner Lage heraus handlungsfähige gesellschaftliche Gruppe. Hier nun klingt das alles mehr so, als wolle die SPD über Meck-Pomm Prekärpakete abwerfen und die Union Einzelbegabungen auch mit schmutzigen Fingernägeln trotzdem fördern. In beiden Fällen bestaunt der Neoliberalismus seine Brut.
Ist es nötig, dass sich Deutschland eine klandestine Truppe wie die KSK in Afghanistan leistet? Oder schädlich?
Es ist illegal.
Am Donnerstag entscheidet der Bundesgerichtshof, ob die Krombacher-Werbung zulässig ist, dass mit jedem verkauften Kasten Bier ein Quadratmeter Regenwald geschützt werde. Wie soll er entscheiden?
Vielleicht sollte an jeden qm Regenwald ein Zettelchen, wonach er den Alkoholismus um eine Kiste Krombacher verschärft; mittelfristig begeht der Regenwald dann Selbstmord, und man kann da Autobahnen bauen endlich. Der bisherigen Rechtssprechung folgend, kann der BGH Krombacher zwingen, sein Engagement konkret zu benennen. Sie können dann jedem Kasten ein Taschenbuch beilegen, und dann ist hoffentlich Schluss mit dem Schwurbel.
Und was macht Borussia Dortmund?
Das alte Drama: Hat Schiss vor dem eigenen Publikum. Heimspiel gegen Tabellenletzten Bochum, Tabellenführung zum Greifen nah – das vergeigen die. FRAGEN: SR