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Archiv-Artikel

„Schnell? Oh nein!“

Martina Bunge von der Linkspartei hat bei der Gesundheitsreform noch was mitzureden

INTERVIEW ANNA LEHMANN

taz: Frau Bunge, nun sind Sie dran. Die Gesundheitsreform wird diese Woche im Bundestag diskutiert und dann in den Ausschuss verwiesen. Sind Sie als Fachleute gut vorbereitet?

Martina Bunge: Wir haben uns bisher vor allem aus den Medien informiert und haben bis heute keinen offiziellen Gesetzentwurf. Bei dieser Gesundheitsreform waren die Parlamentarier zehn Monate lang ausgesperrt. In der Gruppe, die die Eckpunkte ausgearbeitet hat, saßen gerade mal je zwei Parlamentarier von Union und SPD. Aber die durften ja nicht einmal ihren eigenen Leuten was sagen.

Aber die Parlamentarier und der Ausschuss können doch den Gesetzentwurf noch abändern?

Diese Chance wird bei der Gesundheitsreform immer geringer. Was passiert denn, wenn an diesen 542 Seiten Entwurf etwas geändert wird? Die SPD-Linken fordern, dass der völlig unsoziale Zusatzbeitrag gestrichen wird. Das wäre sehr zu begrüßen, aber dann geht doch die Abstimmung zwischen den Koalitionären wieder los. Andererseits wird von uns erwartet, bis Ende Dezember fertig zu sein. Wir kriegen hier etwas serviert und sollen es durchwinken. Das ist Entmündigung des Parlaments.

Sie müssen nun eine Reform durchschleusen, die sie als Vertreterin der Linkspartei ablehnen. Wie gehen Sie damit um?

Eigentlich müsste diese unsoziale Reform „eingestampft“, d. h. zurückgezogen werden. Wenn sie kommt, werde ich im Ausschuss nur die Arbeit organisieren und dann dagegen stimmen. Als Vorsitzende will ich die Sitzungen neutral und fair leiten. Das heißt, ich werde allen Gelegenheit geben, sich ausführlich zu äußern, und will natürlich auch die Opposition gebührend in den Prozess einbeziehen. Sollten Änderungen kommen, werden diese nicht einfach durchgewinkt. Ich habe den Ruf, dass ich gerne ausdiskutieren lasse.

Wollen Sie die Reform verschleppen?

Nein, ich sorge nur für ein geordnetes parlamentarisches Verfahren und dafür, dass ausreichend Anhörungen stattfinden. Wir müssen das Versäumte nachholen, nämlich den Sachverstand der Betroffen einbeziehen.

Viel Zeit haben Sie aber nicht.

Ich lasse mir keinen Termin servieren. Ich möchte gern drei Tage für Anhörungen haben, ich höre, ein bis zwei Tage würden reichen. Die Verständigung darüber wird ein Kampf, aber ich werde nicht klein beigeben. Es soll eine fachliche Diskussion geben, um den Koalitionsabgeordneten wenigstens ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie wider besseres Wissen für die Reform stimmen. Das ist mein Ziel.