: Frankenland in Prinzenhand
RAUSWURF Nürnbergs Trainer Gertjan Verbeek tritt nicht ganz freiwillig ab. Nun sollen Roger Prinzen und Marek Mintal den Club vorm Abstieg bewahren
VON CHRISTOPH RUF
Als am Mittwochmorgen um 9.58 Uhr die Einladung zu einer außerplanmäßigen Pressekonferenz eintraf, wussten die Journalisten, dass zwei Stunden später das Aus für Gertjan Verbeek verkündigt werden würde. Bis zum Saisonende übernimmt U23-Coach Roger Prinzen zusammen mit dem bisherigen Verbeek-Assistenten Marek Mintal das Kommando – mit dem Auftrag, den einen Punkt Rückstand auf den Hamburger SV aufzuholen und doch noch Relegationsrang 16 zu erreichen. „Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dieser Entscheidung noch etwas freisetzen können“, betonte Sportdirektor Martin Bader. Und Prinzen sagte, er halte den Klassenerhalt nach wie vor für möglich. „Ich weiß, was die Mannschaft zu leisten imstande ist.“
Allerdings hatten zuletzt nicht nur die Ergebnisse – acht Niederlagen in den zurückliegenden neun Spielen –, sondern auch die Spielweise für Resignation gesorgt. Dass Verbeek nach dem ernüchternden 1:4 gegen Leverkusen das Gesehene schönredete („bin nur vom Ergebnis enttäuscht“) dürfte ihn ebenso den Job gekostet haben wie die Weigerung, von einer Spielweise abzurücken, die offenbar zumindest ein paar Führungsspieler immer mehr ablehnten.
Dabei war Verbeek im Oktober 2013 geradezu euphorisch in Nürnberg empfangen worden und von Martin Bader noch im Frühjahr als „Glücksfall für den Club“ bezeichnet worden. Zunächst schien es auch so, als könne er einer arg defensiv denkenden Mannschaft Schwung und Leben einhauchen. Verbeek hatte immer wieder seine Fußballphilosophie erläutert: Es gehe um den eigenen Ballbesitz, eine offensive, durchaus auch riskante Spielweise, die den Spaß in den Mittelpunkt stelle: „Fußballspielen ohne Ball ist langweilig“. Nach dem 22. Spieltag, nach Siegen gegen Braunschweig und Augsburg, sah es sogar so aus, als könne der Club sich dauerhaft von den Abstiegsrängen verabschieden, weil der attraktive Offensivfußball, den bis dato so gut wie jeder gegnerische Trainer gelobt hatte, endlich Früchte trug. Doch kurz darauf verließ den Club, der schon in der Hinrunde Pech mit einigen Schiedsrichterentscheidungen hatte, endgültig das Glück. Ein Stammspieler nach dem anderen verletzte sich – zusätzlich zu Hochkarätern wie Timothy Chandler und Daniel Ginczek, die seit Saisonbeginn ausfallen. Zuletzt, gegen Leverkusen, fehlten neben den beiden auch Makoto Hasebe, Markus Feulner, Adam Hlousek, Timo Gebhart, Per Nilsson und Ondrej Petrak – so viele Ausfälle kann kaum ein Team verkraften. Für eine Mannschaft wie den FCN, die stattdessen auf komplett unerfahrene Spieler bauen muss, ist solch eine Verletztenmisere fatal.
Pleiten, Pech und Pannen
Allerdings kann Gertjan Verbeek, der im Oktober übernahm, weder etwas für das Verletzungspech noch für die Zusammenstellung des Kaders. Das wissen offenbar auch die Club-Anhänger, die den Trainer noch am Sonntag mit sehr lautem Applaus begrüßt hatten.
Nach der schwachen Vorstellung am Sonntag rückte Bader dennoch erstmals deutlich von Verbeek ab. Offenbar hat er seither viele Einzelgespräche geführt, die ihn in dem Beschluss bestärkt haben, nun noch einmal die Reißleine zu ziehen. Dass das Team ausgerechnet in der Woche vor dem womöglich vorentscheidenden Spiel beim FSV Mainz 05 zwei Tage frei bekommen hatte, kritisierte Bader scharf. In der Nürnberger Zeitung sprach er von einem „Signal, das ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann“. Neben dem Cheftrainer muss auch dessen Assistent Raymond Libregts gehen.
Nachfolger von Verbeek soll nun bis zum Saisonende mit Prinzen der Mann werden, der die Mannschaft bereits nach der Entlassung von Wiesinger für ein Spiel betreute. Damals gelang immerhin ein 1:1-Unentschieden in Frankfurt. Mit einem solchen Ergebnis wären sie beim Club schon hochzufrieden, wenn es am Samstag nach Mainz geht.
„Alles, was bisher war, spielt jetzt keine Rolle mehr. Wir werden neu angreifen“, betonte Prinzen.