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IN DEN PALÄSTINENSERGEBIETEN ESKALIERT DER KONFLIKT UM DIE MACHTLetzte Chance: Referendum

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas brachte es auf den Punkt: Brot ist wichtiger als Demokratie. Nach dem Scheitern seiner Anstrengungen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, scheint er nun entschlossen, das Kabinett aufzulösen. Es sieht so aus, als ginge die Rechnung der israelischen Regierung damit auf: Der Boykott trägt Früchte, weil er die Hamas unter Druck setzt.

Doch die Palästinenser wollen weder Notstandsregierung noch Neuwahlen, sondern den Fortbestand der aktuellen Regierung – allerdings unter anderen Vorzeichen. Denn eine klare Mehrheit im Gaza-Streifen und Westjordanland ist für eine große Koalition und eine Anerkennung Israels.

Die Gründe für die blutige Eskalation im Gaza-Streifen sind indes nicht nur politischer Natur: Es geht um Macht und Geld. Die Hamas hat zwar Regierungsämter eingenommen, doch die Posten in der Verwaltung, in der Erziehung und im Sicherheitsbereich besetzen unverändert Mitarbeiter, die der Fatah nahe stehen. Seit zwei Monaten streiken und demonstrieren sie schon gegen eine Regierung, die sie nicht nur politisch ablehnen, sondern die ihnen auch den Lebensunterhalt raubt. Ginge es allein nach ihnen, könnte man das Rad so schnell wie möglich wieder zurückdrehen.

Doch ganz so einfach geht das nicht, denn die Hamas lehnt Neuwahlen ab. Und selbst wenn es gelänge, den Urnengang am Innenministerium vorbei zu organisieren, so hätte die Fatah heute nicht unbedingt bessere Chancen als noch zu Beginn des Jahres. Denn die Fatah hat sich nicht geändert, im Gegenteil: Erst diese Woche setzte Abbas einen Sicherheitskommandanten für Sonderaufgaben im Westjordanland ein, der vor nicht allzu langer Zeit gefeuert worden war, weil er öffentliche Gelder direkt in die eigene Tasche fließen ließ.

Die Palästinenser sind zu Kompromissen bereit. Doch die korrupte Regierung von früher wollen sie nicht zurückhaben. Anstelle von Neuwahlen könnte Abbas daher sein schon vor Monaten geplantes Referendum anpeilen. Darin müsste aber auch die Frage vorkommen, ob die Autonomiebehörde neues Personal bekommen soll. SUSANNE KNAUL

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