: „Dem Mindestlohn sehen wir mit Sorge entgegen“
DER KNEIPIER Halil Yilmaz und seine Familie können den Angestellten ihrer Bar nur 5 Euro pro Stunde bezahlen
■ 27, ist in einer Kleinstadt in der türkischen Ägäis geboren und aufgewachsen. Dort hat er auch sein BWL-Studium absolviert. 2011 holte ihn sein älterer Bruder nach Deutschland. Weil Yilmaz keine Arbeit als BWLer finden konnte, arbeitet er seit zwei Jahren in einer Kneipe in Neukölln, in der er sich um alles kümmert, was anfällt. * Name geändert
In meinem Job als Barmann bin ich letztlich ungeplant gelandet. Als ich vor drei Jahren aus der Türkei kam, ging es erst einmal nur darum: Raus hier, kein Militärdienst, ab zu meinem Bruder, Vater und Onkel nach Berlin.
Ich konnte meinen türkischen Studienabschluss in BWL in Deutschland anerkennen lassen – aber mit der Jobsuche war es nicht so einfach wie erhofft. Und als meine Familie vor fast zwei Jahren eine Kneipe in Neukölln übernahm, setzte sie mich eben dort ein. Ich kümmere mich seitdem um alles, was anfällt: Bar, Musik, Spielautomaten reparieren, putzen, spülen.
Neben mir und meinen Verwandten haben wir ständig wechselndes Personal. Bei einem Stundenlohn von 5 Euro und wenig Trinkgeld – wir haben hier nicht unbedingt die zahlungskräftigste Kundschaft – ist es schwer, die Leute länger zu halten. Öfter arbeiten auch Studenten aus dem europäischen Ausland bei uns, die gar nicht so sehr auf langfristige Jobs angewiesen sind. Entweder, weil sie von ihren Eltern ausreichend mitfinanziert werden. Oder weil sie nur für kurze Zeit in Deutschland bleiben. Also fällt das Gros der Arbeit auf mich zurück.
Der Lohn variiert stark
Normalerweise fange ich gegen 20 Uhr an zu arbeiten. Wann die Schicht endet, lässt sich hingegen nicht voraussehen. Es kann drei Uhr morgens sein, oder acht Uhr früh, manchmal sogar zehn.
Weil das so stark variiert, lassen sich Stundenanzahl pro Woche und monatlicher Lohn nicht genau beziffern. Mein Stundenlohn bewegt sich in der Größenordnung von 5 bis 7 Euro, die Arbeitszeit pro Woche zwischen 40 und 60 Stunden, mein monatlicher Lohn zwischen 1.200 und 1.600 Euro brutto.
Dem geplanten Mindestlohn sehen wir in der Familie mit einer gewissen Sorge entgegen. Aber wir versuchen, uns nicht allzu sehr damit zu beschäftigen. Was wir aber mit Gewissheit sagen können: Angestellte mit 8,50 Euro zu entlohnen, wird uns große Schwierigkeiten bereiten. Für uns wird das bedeuten, dass wir die Leute schwarz beschäftigen oder selbst noch mehr arbeiten müssen.
Wir haben hier nun mal nicht unbedingt eine Szenekneipe, in die die jungen und zahlungskräftigen Kunden strömen. Hier kamen lange eher die älteren, alteingesessenen Leute her, die oft nicht viel Geld haben.
Das hat sich zumindest in den letzten Monaten ein wenig geändert: Es verirren sich jetzt auch immer öfter junge Leute zu uns. Wir müssen halt kreativ sein und in letzter Zeit klappt das auch ganz gut: Mit Swing oder Sambamusik live – da kommen dann auch die Leute.PROTOKOLL: BARAN KORKMAZ