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Archiv-Artikel

Tausche Verhör gegen Amtshilfe

Die CIA soll der Bundesregierung angeboten haben, einen in Marokko inhaftierten Deutschen zu besuchen. Im Gegenzug sollten die Deutschen die EU ruhigstellen – den USA war die Kritik der Europäer an den Geheimgefängnissen und -flügen lästig

Schröder: Die illegalen Praktiken der CIA „kenne ich nicht oder kannte ich nicht“

Von DOMINIK SCHOTTNER

Der US-amerikanische Geheimdienst CIA hat laut einem Bericht des Guardian versucht, die Bundesregierung für sich einzuspannen. Berlin sollte helfen, die anhaltende Kritik der EU an den Gefangenenflügen der CIA abzumildern oder zu unterdrücken. Dafür haben die CIA-Agenten einen Kuhhandel angeboten: Deutsche Beamte sollten Zugang zu einem in Marokko inhaftierten Deutschen bekommen. Grundlage der Nachricht ist ein im Februar für den Bundestag erstellter Geheimbericht.

Bei dem Mann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Deutsch-Syrer Mohammed Haydar Zammar, der zurzeit in der syrischen Hauptstadt Damaskus vor Gericht steht. Ihm droht dort die Todesstrafe. Nach den Terroranschlägen vom 9. September 2001 war Zammar nach Marokko geflogen, um sich von seiner marokkanischen Zweitfrau scheiden zu lassen. Ende November informierte das Bundeskriminalamt seine amerikanischen Kollegen über Zammars Reise. Diese veranlassten die Verhaftung Zammars durch den marokkanischen Geheimdienst. Ende Dezember wurde Zammar in sein Geburtsland Syrien geflogen.

Der Guardian berichtet weiter, dass Syrien deutschen Behörden angeboten habe, den Gefangenen zu besuchen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Deutschland gegen syrische Geheimdienstagenten anhängige Klagen fallen lasse. Diesen wird vorgeworfen, syrische Dissidenten eingeschüchtert zu haben. Obwohl Deutschland dieser Bitte nachkam, bestreitet die Regierung einen Zusammenhang zu dem Angebot.

Nach dem Angebot der CIA an die Deutschen änderten die Europäer offensichtlich ihre Strategie. Kritik an den Gefangenenflügen sowie an der Praxis, Terrorverdächtige in Drittländern menschenrechtswidrig festzuhalten, verstummte beinahe.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte am Donnerstag am Rande der Präsentation seiner Biografie in Berlin, die illegalen Praktiken der CIA „kenne ich nicht oder kannte ich nicht“. Er werde er sich zu dem Thema auch künftig nicht mehr äußern, da er sich auf die Aufklärung durch die entsprechenden Untersuchungsausschüsse des Bundestags verlassen wolle, so Schröder.

Der BND-Untersuchungsausschuss kam in seiner Sitzung am Donnerstag nicht entscheidend voran bei der Klärung der Frage, wann die Bundesregierung von der Entführung des Deutschen Khaled El Masri erfahren hat und wieso sie nicht auf dessen Freilassung gedrängt habe. El Masri war nach eigenen Angaben Ende 2003 während einer Reise nach Mazedonien von der CIA entführt worden und in ein Gefängnis in Afghanistan geflogen worden, wo er rund fünf Monate lang inhaftiert war. Ausschussmitglieder der Opposition fordern, den früheren Kanzleramtschef und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowohl zum Fall El Masri als auch Kurnaz noch in diesem Jahr zu vernehmen.