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Archiv-Artikel

Kurzer Planungsprozess für Autobahnen

Bundestag verabschiedet Gesetz, mit dem die Planungszeit für Großprojekte in Deutschland erheblich verkürzt wird. Kritiker aus der Opposition sagen, das gehe zu Lasten der Bürgerbeteiligung. Teile des Gesetzes seien verfassungsrechtlich bedenklich

AUS FREIBURGCHRISTIAN RATH

Verkehrswege und Stromtrassen können künftig in ganz Deutschland schneller geplant werden. Sonderregelungen für Ostdeutschland sollen künftig auch im Westen der Republik gelten. Dies beschloss gestern der Bundestag in einem „Gesetz zur Beschleunigung der Planung von Infrastrukturvorhaben“.

Künftig ist bei der Planung wichtiger Straßen, Bahnstrecken, Kanäle, Flughäfen und Hochspannungsleitungen der Rechtsweg auf eine Instanz verkürzt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beschließt dann in erster und zugleich letzter Instanz über Klagen von betroffenen Bürgern und Umweltverbänden.

In den neuen Ländern gilt diese Regelung seit 1991. Damals hieß es zur Begründung, dass sich die Verwaltungsgerichte im Osten noch im Aufbau befänden. Heute argumentiert die große Koalition mit „Entbürokratisierung“ und Vorteilen im Standortwettbewerb. Verkehrs-Staatssekretärin Karin Roth (SPD) hofft, dass der Verzicht auf eine Gerichtsinstanz 18 Monate Beschleunigung bei der Planung bringt.

Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Eckart Hien, hatte im Vorfeld verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Die erstinstanzliche Zuständigkeit eines Bundesgerichts sei nur in Ausnahmefällen zulässig. Die große Koalition versuchte die Bedenken auszuräumen, indem sie den verkürzten Klageweg zunächst auf 85 konkrete Verkehrsprojekte beschränkt.

Andere Beschleunigungen gelten für sämtliche Planungsvorhaben. So sollen Umweltverbände ihre Einwände nur noch binnen 14 Tagen nach Auslegung der Pläne vorbringen können. Bisher galt keine zeitliche Beschränkung. Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, sieht darin ein Beschleunigungspotenzial von zwei bis drei Monaten. „Es gibt keinen Grund, warum Verbände für Einwände mehr Zeit haben sollen als betroffene Bürger.“ Zudem sollen Behörden auf Erörterungstermine verzichten können, wenn ein Vorhaben so kontrovers ist, dass mit einer Einigung nicht zu rechnen ist.

Linkspartei und Grüne kritisierten die Neuregelung. Die Bürgerbeteiligung an der Planung müsse eher ausgeweitet werden und schon bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans beginnen. Die FDP kritisierte, dass Planfeststellungsbeschlüsse künftig 15 Jahre statt bisher 10 Jahre gelten sollen. „Dies reduziert den Druck, schnell zu bauen“, so die Liberalen.

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