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Archiv-Artikel

Bleierne Last der Punkteteilung

Nach dem 1:1 gegen Borussia Dortmund, dem nun schon siebten Unentschieden in Folge, fragt man sich beim 1. FC Nürnberg, warum man nicht mehr gewinnen kann, und sorgt sich, dass die seltsamen Witzchen des Trainers zunehmend müder werden

Lange studierte Meyer die Tabelle, als könne er sie telepathisch verändern

AUS NÜRNBERG OLIVER TRUST

Schlechte Stimmung war es nicht, es war etwas anderes. Was, das konnte aber keiner genau sagen. Auf alle Fälle herrschte in der Mixedzone, in der Journalisten sonst die Seelenlage der Kicker zu ergründen suchen, meist eisiges Schweigen. Ein paar Dortmunder redeten sich aus der Krise und legten Treuebekenntnisse für ihren angeschlagenen Trainer Bert van Marwijk ab und verschwanden mit dem Hinweis, mit dem 1:1 bei den Franken ein „deutliches Signal“ (Christian Wörns) abgeliefert zu haben, in ihrem Mannschaftsbus. Die Vertreter des 1. FC Nürnberg dagegen sahen kein Signal und sie gaben auch wenige ab. Das siebte Unentschieden in Folge erwies sich als bleischwere Last. Wer redet schon gern, wenn Sehnsüchte und Erwartungen enttäuscht werden. Die Dortmunder wollten sie schlagen, diese verunsicherte Mannschaft, deren ganzer Verein tief zerstritten schien. Und nun? Wieder Unentschieden. Wieder nur ein Pünktchen. Das produziert Ernüchterung.

Präsident Michael Adolf Roth trippelte nervös auf und ab, er schien aufs Höchste verärgert, weil der BVB den Wunsch vom „Dreier“ mit seinem späten Ausgleich verdorben hatte. Dreimal ist ihnen das jetzt schon passiert: gegen Cottbus, gegen Mainz und nun gegen Dortmund. Ein spätes Tor, das sich zum Ärgernis auswächst. Verdient hätten sie den Sieg sicher nicht gehabt. Zu ängstlich spielten sie, zu wenig zielstrebig. Und trotz der Führung durch Mnaris Foulelfmeter machte sich kein Selbstvertrauen breit. Am Ende, so wird berichtet, hätten sich sogar die Nürnberger Journalisten beschwert, weil kaum einer was sagen wollte. Tomas Galasek sagte dann doch etwas. Wie genau sich der Mittelfeldmann des FCN aus Tschechien ausdrückte, konnte keiner mehr genau sagen. Etwas zwischen „wir haben Angst zu gewinnen“ oder wir „können nicht mehr gewinnen“. Hans Meyer, der Trainer saß lange da und schwieg wie der Rest der fränkischen Fußballfamilie. Er studierte die Tabelle als könne er die dort niedergelegten Tatsachen mit telepathischen Kräften verändern. „Ich muss die Mannschaft richtig loben. Nach so einer ersten Halbzeit sind wir in der zweiten Hälfte zurückgekommen“, sagte Meyer und machte ein paar seiner üblichen eigenartigen Witze. Er werde den suchen, der für den Ausgleich verantwortlich ist und ihn „erschießen“. Es ist ihm wohl nichts Besseres eingefallen, um zu verarbeiten, dass seine Abwehr Tinga in der 88. Minute den Ball vor die Füße spielte und, der zum 1:1 einschoss.

Fakt bleibt, die Nürnberger können keine Tore mehr schießen. Nicht mehr so viele wie noch vor ein paar Monaten, als ihnen alles leicht von der Hand ging. Elf sind es bisher. Allein drei davon haben sie im ersten Spiel in Stuttgart erzielt. Vor allem Robert Vittek trifft nicht mehr. 16 Tore waren es in der Rückrunde der vergangenen Saison. Bis jetzt ist es ein einziges. Vittek war lange schwer verletzt an Meniskus und Innenband. Die Pause macht ihm zu schaffen.

„Wir haben uns das Spiel des Gegners aufdrücken lassen“, klagte Meyer. Was ihn vor allem wurmte: Nach der Führung (59.) war sein Team nicht in der Lage, die Entscheidung herbeizuführen. Zu wenig Gradliniges im Mittelfeld, zu umständlich vor dem Tor, der nötige Druck fehlte. Meyer jedoch wich aus und zählte auf, dass man viel Tempo in das dritte Spiel in sechs Tagen gelegt hätte. Zufrieden sah Meyer dabei nicht aus. Und die meisten seiner Spieler schwiegen lieber.

Dazu sah der Dortmunder Christian Wörns keinen Anlass. „Endlich“ habe der Klub reagiert, sagte der BVB-Kapitän. „Wir brauchen Ruhe, um uns wieder zu fangen“, appellierte er an den zerstrittenen Klub. Und Torwart Roman Weidenfeller meinte: „Das war wichtig für den Trainer, der aus meiner Sicht hier gute Arbeit leistet. Er weiß, dass die Mannschaft hinter ihm steht.“ Von tiefen Gräben zwischen dem niederländischen Coach und seinem Team war berichtet worden. Van Marwijk, schien kurz vor der Beurlaubung zu stehen. Jetzt sagte BVB Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Selbst wenn wir hier 0:5 verloren hätten, wäre das Thema Trainer vom Tisch gewesen.“

1. FC Nürnberg: Schäfer - Reinhardt, Wolf, Glauber, Pinola (69. Gresko) - Galasek, Mnari - Polak - Vittek (87. Kristiansen), Schroth (56. Mintal), SaenkoBorussia Dortmund: Weidenfeller - Degen, Amedick, Wörns, Dede - Kruska (82. Ricken) - Tinga, Kringe (69. Sahin) - Valdez, Frei (87. Tyrala), Smolarek Zuschauer: 46.229 Tore: 1:0 Mnari (59./Foulelfmeter), 1:1 Tinga (87.)