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Archiv-Artikel

Helikopter trifft Kampfbomber

Israel setzt seine Aufklärungsflüge zu „nachrichtendienstlichen Zwecken“ über dem Libanon fort. Dabei kam es in dieser Woche zu einem erneuten Zwischenfall mit der Bundesmarine. Verteidigungsminister Franz Josef Jung wird dennoch nach Israel reisen

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Die Situation vor der libanesischen Küste bleibt weiter angespannt. Wie gestern offiziell bestätigt wurde, kam es Ende vergangener Woche zu einer zweiten Tuchfühlung zwischen der israelischen Luftwaffe und der Bundesmarine, bei der ein deutscher Hubschrauber und ein israelischer F-16-Jagdbomber beteiligt waren. Der Helikopter wurde von dem Flugzeug „gefährlich bedrängt“, hieß es aus dem Bundesverteidigungsministerium.

Der israelische Stabschef Dan Halutz entschuldigte sich umgehend für den Zwischenfall vom Sonntag. Ungeachtet des Waffenstillstandsabkommens setzt Israel die militärischen Flüge über dem Libanon fort. Erst am vergangenen Dienstag waren zwei Kampfflugzeuge der israelischen Luftwaffe auf einen deutschen Hubschrauber zugesteuert, der angeblich gestartet war, ohne sich entsprechend der UN-Regelungen identifiziert zu haben. Nach Informationen des Bundesverteidigungsministeriums hatten zudem sechs Kampfflieger in geringer Höhe das Marineschiff „Alster“ überflogen und zweimal Schüsse abgefeuert, was Israel abstreitet. Allerdings räumte die israelische Armee entgegen früheren Berichten ein, dass der deutsche Hubschrauber zu identifizieren gewesen sei.

Der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz hatte seinem deutschen Amtskollegen Franz Josef Jung nach dem ersten Zwischenfall telefonisch die Zusage gemacht, dass es zu keinen weiteren Annäherungen an die deutschen Truppen, die im Rahmen des UN-Einsatzes vor der libanesischen Küste stationiert sind, kommen werde. Jung wird trotz des Zwischenfalls am kommenden Freitag für einige Stunden nach Israel fahren. Dies hatte zwischenzeitlich als unsicher gegolten.

Die Truppen der Bundeswehr sind nicht die einzigen, die eine Verletzung des Luftraums in ihrem Einsatzbereich beklagen. Schon in der vorvergangenen Woche zeigte sich ein französischer Kommandant der UNO-Truppen im Libanon, Unifil, „besorgt“ über die steigende Zahl der israelischen Aufklärungsflüge. Offenbar kam es dabei zu Warnungen, das Feuer zu eröffnen, sollte Israel die Flüge nicht einstellen. Verteidigungsminister Peretz erzürnte sich über die „Drohungen, die wir niemals akzeptieren werden“.

Die Aufklärungsflüge gelten offiziell nachrichtendienstlichen Zwecken, die nötig seien, da noch immer Versuche unternommen würden, Rüstungsmaterial in den Libanon zu schmuggeln. Der Einsatz der Bundesmarine, die derzeit mit rund 1.500 Soldaten auf sechs Schiffen vor der libanesischen Küste vertreten ist, gilt der Unterbindung des Waffenschmuggels. Bisher sind laut Bundesverteidigungsministerium gut 300 Schiffe überprüft worden. Peretz betonte indes den „guten Willen Israels“, eine neue Realität in den Beziehungen zum Libanon zu schaffen. Deshalb seien die Flüge bereits „auf ein Minimum beschränkt“ worden.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht trotz der Vorfälle keine Gefahr für die deutsche Marine vor der Küste des Libanons. „Das, was jetzt an Zwischenfällen geschehen ist, macht den Einsatz nicht gefährlicher“, sagte Kauder zu Beginn eines Besuchs in Jerusalem. Dagegen verlangte FDP-Chef Guido Westerwelle von der Bundesregierung, das Libanon-Mandat der Bundeswehr zu überprüfen. „Wir Freien Demokraten können keine Grauzonen bei Auslandseinsätzen dulden“, sagte er gestern. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn forderte Israel auf, die UN-Resolution zu beachten, die Flüge Israels über dem Libanon verbietet. Mit Material von dpa