: Sieben Bundesländer kürzen Forschungszuschüsse
Das Nord-Süd-Gefälle bei den Wissenschaftsfinanzen verschärft sich: Im Norden sind Zahlungen an Leibniz-Institute gefährdet, im Süden wird erhöht
BERLIN taz ■ Heute bekommen die Wissenschaftsminister aus sieben Ländern einen Blauen Brief. Geschickt hat ihn der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, eines Konglomerats von Forschungsinstituten, weil er verärgert ist über die Zahlungsmoral. „Sieben Bundesländer kommen ihrer Verpflichtung aus dem Pakt für Forschung und Innovation nicht nach“, sagte Präsident Ernst Rietschel der taz.
Die säumigen Bundesländer heißen Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Rheinland-Pfalz. Sie halten sich nicht an die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Anhebung der Wissenschaftsausgaben um drei Prozent. Das ist deswegen für Institute wie die Hochschule für Verwaltungwissenschaften in Speyer so ärgerlich, weil der Bund nur in derselben Höhe überweisen kann wie das Sitzland des Leibniz-Institutes.
Bei der nach dem Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz benannten Forschergemeinschaft ist die Aufteilung der Mittel 50:50 zwischen Bund und Ländern. Die Leibniz-Gemeinschaft vereinigt 84 Institute und Museen in ganz Deutschland, darunter des Deutsche Museum in München und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in Berlin.
Bei manchen Instituten wird das Budget nur um 1,2 Prozent statt der vereinbarten 3 Prozent erhöht, bei anderen immerhin um 2,7 Prozent. Das klingt nach einer Petitesse, sagt aber viel über die Prioritäten aus, die gepflegt werden. Während der Föderalismusreform hatten die Länder unnachgiebig die Zuständigkeit für Bildung und Wissenschaft als eine ihrer letzten Kompetenzen eingeklagt; jetzt lassen sie keine Gelegenheit aus, um an ihrer vermeintlichen Kernaufgabe zu kürzen. Der jährliche Verlust der Leibniz-Gemeinschaft durch die Knauserei der Länder liegt zwischen 25 und 35 Millionen Euro. Präsident Rietschel zeigte sich ungehalten über den Zahlungsrückstand.
Interessant wird die Kürzungspraxis dadurch, dass die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Bremen die Säumigkeit der anderen Länder nutzen. Bayern erhöht seine Zuschüsse an Leibniz-Institute um fast sieben Prozent – und bekommt prompt die gleiche Summe vom Bund obendrauf. Damit verschärft sich das Nord-Süd-Gefälle bei der Forschungsförderung weiter. Es ist die dritte Wissenschaftsfinanzreform, die zugunsten des Südens verläuft. Bei der Exzellenzinitiative waren nur drei Universitäten aus dem Süden in den Genuss der Förderung als Elite-Universität gekommen. Schwerer noch wiegt aber der geplante so genannte Hochschulpakt in Höhe von 1,27 Milliarden Euro. Der ist eigentlich dazu da, den zu erwartenden Ansturm von Studierenden abzufangen. Tatsächlich befinden sich darin aber 700 Millionen Euro zusätzlicher Mittel für die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die haben erstens mit Studienplätzen nichts zu tun – und werden zweitens zugunsten der Südländer ausgeschüttet.
Aus den 700 Millionen sollen die Vollkosten für Forschung bezahlt werden. Das bedeutet: Die DFG überweist ab 2007 den Hochschulen zu den Mitteln für ihre Forschungsprojekte einen Aufschlag von 20 Prozent für Räume und Infrastruktur. Der Clou: Die meisten Projekte, welche die DFG samit Vollkostenaufschlag fördert, liegen im Süden des Landes – das heißt, es geht erneut um einen heimlichen Finanzzuschuss für Bayern und Baden-Württemberg.
Allerding ist der Hochschulpakt noch nicht beschlossene Sache. Er ist zwar fertig verhandelt zwischen Bund und Ländern, aber die Bundesländer können sich untereinander nicht einigen. Worüber? Kein Frage, es geht wieder darum, wer sich aus der finanziellen Verantwortung stehlen kann. CHRISTIAN FÜLLER