: Bußgeld wegen gläserner Kunden
DATENSCHUTZ Weil sie mit Kontodaten allzu sorglos umging, soll die Hamburger Sparkasse 200.000 Euro Strafe zahlen, verlangt der Datenschutzbeauftragte. Die Bank hatte Psycho-Profile von Anlegern gebaut
Unerlaubte Zugriffe auf Kundendaten, fragwürdige Werbung an Schulen und Psycho-Profile: Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat es mit dubiosen Geschäftspraktiken in die Schlagzeilen geschafft und kassiert dafür jetzt die Quittung. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar verdonnerte am Dienstag die Sparkasse zu einer Strafzahlung von 200.000 Euro – dem höchsten Bußgeld, das ein deutscher Datenschützer in diesem Jahr ausgesprochen hat.
„Das ist ein Verfahren mit hoher Relevanz“, begründet Caspar die Strafhöhe. Er will das Bußgeld als Zeichen verstanden wissen, „dass nicht gerade Bankkunden zu gläsernen Kunden werden“. Damit sanktioniert Caspar die Haspa-Praxis, ihren freiberuflichen mobilen Kundenberatern den Zugriff auf Kontodaten ihrer Kunden zu ermöglichen – ohne deren Einwilligung.
Dass die Hamburger Sparkasse nun einen Rekordbetrag blechen soll, begründet Caspar damit, dass die umfangreiche und heimliche Auswertung von Kontodaten genutzt wurde, um psychologische Profile zu erstellen, „die auf Erkenntnissen der modernen Hirnforschung beruhen“. Die Haspa teilte Anleger in Gruppen wie „Abenteurer“, „Hedonisten“, „konservative „Bewahrer“ oder „Genießer“ ein.
Die Berater wurden geschult, an das Unbewusste und die Emotionen ihrer Kunden zu appellieren. Bei Bewahrern sollten sie „Ängste aufbauen“, bei Genießern „Druck ausüben“, um sie zu für Berater und Bank lukrativen Anlagestrategien zu bewegen. Dieses Neuromarketing kritisierte Edda Castelló von der Hamburger Verbraucherzentrale gegenüber dem NDR: „Man versucht, indem man sich ins Hirn der Kunden schleimt, Vertrauen aufzubauen und den Verbraucher in einer Weise zu beeinflussen, die nicht in seinem Sinne ist.“
Die Haspa hat inzwischen nach eigenem Bekunden die Psycho-Profile gelöscht und will eine technische Sperre beim Zugriff auf sensible Daten eingebaut haben, sodass externe Berater nicht mehr ohne Weiteres auf die Konten der Sparkassenkunden zugreifen können. Ob die Bank das Bußgeld anstandslos bezahlen wird, ließ Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg am Dienstag offen: „Wir prüfen das noch – voraussichtlich bis Ende der Woche“.
Weiter prüfen will auch Caspar. Denn auch die Vertragsklauseln für mehr als 500.000 „Joker“-Konten, die die Auswertung von Kundendaten erlauben, sind seiner Meinung nach zweifelhaft. MARCO CARINI