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Archiv-Artikel

1:1 unbefriedigend

Mit italienischer Disziplin schafft Energie Cottbus gegen die grippegeschwächten Kicker des SV Werder Bremen im Weser-Stadion ein Unentschieden. Freuen kann sich darüber am Ende niemand

von Benno Schirrmeister

Am Ende haben beide Seiten zwei Punkte verloren. Bremens Trainer Thomas Schaaf gibt zähneknirschend zu, dass man mit dem 1:1 gegen Aufsteiger Energie-Cottbus doch „zufrieden sein“ müsse: „Ich habe gesehen, welchen Weg die Mannschaft gegangen ist“, so seine Analyse, “und dass mehr nicht möglich war.“ Was nicht überrascht, blickt man auf den Krankenstand: Clemens Fritz, Miroslav Klose, Ivan Klasnić, Naldo und Pierre Womé hatten sich mit Infekt vom Abschlusstraining abmelden müssen. Mit Schniefnase und Champions-League-Reise in den Knochen zaubert es sich nicht ganz so elegant.

In der 68. Minute hatte Thomas Schaaf mit Ivan Klasnić den vierten Stürmer aufs Feld geschickt, um die bis dahin drohende Heimniederlage abzuwenden. Prompt sorgte Klasnić zehn Minuten später für den Ausgleich: Per Kopf hatte ihn der ebenfalls eingewechselte Hugo Almeida bedient, Klasnić nickte den Ball ein.

Werder bleibt damit Tabellenführer, und Cottbus-Coach Petrik Sander konsultiert die Tabelle weiterhin nach jedem Spiel auf den erarbeiteten Vorsprung zu den Abstiegsplätzen. Doch auch er strahlte nach dem Spiel nicht vor Glück: „Wenn man uns vorher einen Punktgewinn prophezeit hätte“, sagt er, „dann hätten wir uns gefreut und wären im Eck gesprungen.“ So aber gelte: „Wir hätten gewinnen müssen.“

Man habe wenig zugelassen, habe einige Konterchancen gehabt, und sei in Führung gegangen. Das war in der 49. Minute gewesen, ein schöner Alleingang des von Per Mertesacker nur halbherzig attackierten Francis Kioyo, der Wiese mit einem frühen Abschluss überraschte: Aus knapp 30 Metern schickte er den Ball mit locker 100 Stundenkilometern auf die Reise – erste Cottbusser Chance, erstes Cottbusser Tor. Und das zweite „wäre möglich gewesen“, so Sander.

Vor allem wurmte Sander jene Szene in der 78. Minute. Das wäre die Entscheidung zugunsten des Außenseiters gewesen, wäre alles regelkonform zugegangen: Der Cottbusser Angreifer Sergiu Radu war allein vor Werder-Keeper Tim Wiese aufgetaucht, der aus dem Tor eilte und rustikal einstieg. Wiese traf nicht den Ball, sondern die Beine des Rumänen – und Schiedsrichter Babak Rafati gab Abstoß. „Das ist nicht einmal ein Elfmeter, über den man diskutieren kann“, so Sander, der sich nach der Szene so sehr echauffierte, dass er vom Spielfeldrand gewiesen wurde.

“Schiebung, Schiebung“, skandierten indes auch die Werder-Anhänger lautstark, als das Schiedsrichter-Gespann den Rasen verließ: Für sie war der Hannoveraner Rafati schuld an der gefühlten Niederlage, weil er grenzwertigen Hakeleien auf der rechten Seite mitunter allzu nachsichtig begegnete. Und weil er Anfang der zweiten Halbzeit einen strafraumnahen Ellbogen-Check gegen Torsten Frings nicht geahndet hatte: Gelb-Rot hätte der bereits in der 20. Minute verwarnte Daniel Ziebig dafür nach allgemeiner Regelauslegung sehen müssen.

Ausgleichende Ungerechtigkeit also. Bei Werder gab es allerdings durchaus auch jene magischen Szenen, die andere Abwehrreihen in die Selbstaufgabe getrieben haben. Doch die Brandenburger verfolgen ihre gepflegte Destruktiv-Taktik mit geradezu italienischer Disziplin. Kassieren gelbe Karten fürs Zeitspiel, und nehmen ebenso gelassen hin, für ihren Spaßverderber-Fußball gescholten zu werden. Hauptsache, der macht den Gegnern die Köpfe schwer, wie ein Grippe-Virus. Die einzige Freude, die der vermitteln kann, ist die, ihn hinter sich zu haben.