Die schwere Wahl der Gaskunden

Ab nächstem Jahr will eine Bremer Einkaufgenossenschaft Gas liefern – und zwar günstiger als die herkömmlichen Anbieter. Noch wirbt sie in Norddeutschland aber um Mitglieder. Das Vorhaben ist schwieriger als gedacht

Ärger mit dem Gasrechnung, die neue ist höher als die letzte? „Gegen steigende Preise kann sich jetzt jeder wehren“, sagt Jürgen Franke, Chef der BEnergie. Das Kürzel steht für Bremer Energiehaus-Genossenschaft EG. Diese will ab April kommenden Jahres in Norddeutschland billig Gas anbieten. Franke sucht derzeit noch Bürger, die mitmachen wollen. Sein Projekt, zu Beginn nur für Bremen geplant, soll größer werden.

Francke ist derzeit auf Werbetour. Einen Tag führt er Gespräche in Hannover, den anderen in Bremen-Lilienthal, dann in Lübeck. Er spricht vor Bürgerinitiativen oder Verbänden von Hauseigentümern. Er erklärt, dass eine „neue Ära der Gasversorgung begonnen hat“.

Denn: Seit diesem Oktober können sich Haushalte aussuchen, wer sie mit Gas beliefert. Bislang waren die Verbraucher den regionalen Versorgern, etwa dem Bremer Energiedienstleister swb oder den Stadtwerken Hannover wahllos ausgeliefert. Diese hatten Lieferverträge mit wenigen Energiekonzernen. Wettbewerb gab es nicht. Das hatte teure Folgen.

Allein in den letzten anderthalb Jahren sind die Gaspreise bundesweit um 27 Prozent gestiegen. Bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr hat sich die Gasrechnung eines Haushalts im Schnitt auf 1.313 Euro im Jahr erhöht. „Seit Oktober ist nun alles anders“, freut sich Franke.

Dass der deutsche Gasmarkt liberalisiert wird, bedeutet, dass Alteingessene und neue Unternehmen Geschäfte machen können. Bürger können nun alleine gegen die großen Energieversorger vorgehen, indem sie sich selbst versorgen. Die BEnergie ist eine der ersten, die die neue Freiheit in Anspruch nimmt. Acht Leute haben die Genossenschaft im März gegründet. Der Beitritt kostet 100 Euro. Mittlerweile sind es 600 Mitglieder. Chef Franke: „Am Ende des Jahres sollen es 2.000 sein.“

Das Angebot, Gas zu liefern, soll zunächst für Bürger in Bremen und Hannover, später auch in Lüneburg gelten. „Der Wechsel ist einfach gemacht“, sagt Franke. Wer Interesse hat, füllt zuerst ein „Formular zum Gasverbrauch“ aus. Das gibt es im Internet. Die Genossen loten dann die Mengen aus, die sie bestellen müssen. Sie verhandeln bereits jetzt mit Gaslieferanten aus den Niederlanden, Dänemark und Belgien. Franke: „Je mehr Abnehmer wir haben, desto bessere Konditionen werden wir bekommen können.“

Die Verbraucher erhalten erst Anfang nächsten Jahres ein genaues Angebot. Der Kunde unterschreibt es. Und er schickt es zusammen mit einer Kopie des Vertrags mit dem bisherigen Versorger an die BEnergie zurück. Die Genossen übernehmen alles weitere.

Geht alles nach Plan, kommt das neue Gas im April. Eigentlich wollte die Genossenschaft schon im Oktober dieses Jahres in Bremen mit dem Verkauf starten. Doch der Gasmarkt für Neulinge hat noch immer seine Tücken. Das Problem: die Gasrohre. Es ist nicht so einfach, sein Gas durch die Leitungen zu schicken. Denn sie sind nach wie vor im Besitz weniger Energieunternehmen. Und die Arbeit der Bundesnetzagentur, die den Zugang zu den Rohren vereinfachen soll, entpuppt sich als kompliziert. So können E.ON und Co. derzeit noch sehr hohe Gebühren verlangen.

Für die Genossen ist das zu teuer. Franke gibt sich aber zuversichtlich. Er hofft, dass die Nutzung der Netze in den kommenden Monaten „wirklich neu geregelt“ wird. „Wir starten – und werden billiger sein als die bisherigen Versorger“, sagt Franke.

HANNA GERSMANN

www.bremer-energiehaus.de