: Runder Tisch soll gegen Hooligans helfen
Trotz WM-Jubel gab es in den vergangenen Monaten viel Randale in Niedersachsens Fußball-Stadien. Gewaltbereite Fans werden in die unteren Spielklassen abgedrängt. Innenminister Schünemann will mehr Kooperation mit Vereinen
Sie verabreden sich zum Prügeln nach dem Spiel, schießen Feuerwerkskörper in den Familienblock – besonders häufig sind es die Hooligans der seit Ewigkeiten verfeindeten Mannschaften von Hannover 96, VfL Wolfsburg und Eintracht Braunschweig, die immer wieder Unruhe auf die Fußballfelder bringen. Zwar sei die Lage in Niedersachsen nicht so dramatisch wie in den neuen Bundesländern, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gestern in Hannover. Dennoch will er die Zusammenarbeit von Verbänden, Vereinen und Polizei verbessern und „rechtzeitig reagieren – nicht erst, wenn wir wieder schlimme Bilder in den Fußballstadien sehen“. Für den Anfang ist an einen runden Tisch gedacht.
In den vergangenen Monaten gab es trotz WM-Jubel jede Menge Randale in Niedersachsens Stadien: Bei den Bundesliga-Spielen Wolfsburg gegen Kaiserslautern, Wolfsburg gegen Hannover 96 sowie 96 gegen Werder Bremen nahm die Polizei vorübergehend fast 100 Fans in Gewahrsam, 45 Straftaten wurden registriert.
Besorgnis erregend ist auch die zunehmende Gewaltbereitschaft in den unteren Ligen: Vor allem beim Spiel der zweiten Mannschaften von 96 und Braunschweig am 24. Mai in der Regionalliga Nord krachte es gewaltig. Das Spiel musste für 20 Minuten unterbrochen werden, nachdem 96er-„Fans“ den Braunschweiger Block gestürmt hatten – trotz der 220 Polizisten vor Ort. Derzeit sind insgesamt 370 gewaltbereite Fans aus Niedersachsen registriert, 155 haben bundesweites Stadionverbot, 53 Hools sind auch als Rechtsextreme auffällig geworden.
Die Gewalt, hat Schünemann beobachtet, wird von den gut gesicherten Bundesligisten in die unteren Spielklassen abgedrängt. Hier gibt es kaum Kontrollen, weniger Ordner oder keine Trennung der Fans. Da man nicht „jedes Stadion der Kreisliga“ wie die AWD-Arena des Bundesligisten Hannover 96 ausbauen könne, will Schünemann die Sozialarbeit vor Ort stärken.
„Das ist absolut sinnvoll“, sagt Henning Schick vom niedersächsischen Fußballverband. Seit der Einstellung eines türkischen Sozialarbeiters gehe die Gewalt bei Spielen des Kreisligisten Dicle Celle gegen Null, erzählt Schick. Die Kosten in Höhe von 60.000 Euro teilen sich Land und Fußball-Verband. Weil es vorher bei jedem Spiel Ausschreitungen gegeben hatte, hatten sich andere Mannschaften geweigert, gegen die Celler anzutreten. Das war sogar als Sieg für Dicle gewertet worden.
Schünemann forderte zudem die Einrichtung eines Fanprojekts in Braunschweig nach dem Vorbild von Hannover und Wolfsburg. Die Eintracht habe besonders viele gewaltbereite Hooligans. Die SPD sah auch darin puren „Aktionismus“, der nicht darüber hinwegtäuschen könne, dass Schünemann jahrelang nichts gegen Fußball-Gewalt getan habe. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Ralf Briese, forderte derweil einen vom Deutschen Fußballbund und 1. Liga finanzierten „Präventionsfonds“, um Sozialarbeit mit Fans auch in den unteren Ligen bezahlen zu können. KAI SCHÖNEBERG