: Gute Noten für Zagreb und Skopje
Der Umbau zu einer funktionierenden Marktwirtschaft ist für viele Staaten Exjugoslawiens das größte Problem auf ihrem Weg in die EU. Kroatien fürchtet Probleme durch Beitritt Rumäniens und Bulgariens
SPLIT taz ■ Gespannt sitzen selbst die sonst nur wenig an Politik interessierten Bewohner eines kleinen kroatischen Dorfes an der Adriaküste vor dem Fernsehapparat, um die Nachrichten zu verfolgen. Denn die Frage, ob Kroatien bald in die EU komme oder nicht, bewegt hier natürlich die Gemüter: „Jahrelang hat Brüssel versprochen, wenn wir die geforderten Reformen durchführen, hätten wir gute Aussichten, in die EU aufgenommen zu werden.“
Die Sorge der Kroaten ist begründet. Das Land steht zwar relativ gut da. Die „Road Map“, also die Reformforderungen der EU, ist in vielen Punkten abgearbeitet. Große Mängel sieht Brüssel lediglich noch im Justizsystem und der schwerfälligen Bürokratie. Die fünf Millionen Kroaten könnten also zufrieden sein, wenn da nicht der EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens 2007 wäre. Die Stimmung in der EU könnte kippen, wenn dieser Brocken sich als zu groß erweisen wird, befürchten viele.
„Die Aussicht auf die Integration hat die Demokratisierung in unseren Ländern des Westbalkans befördert“, sagt Zarko Puhovski, Politologe aus Zagreb, warnt aber davor, die Versprechen zu brechen, weil dies die nationalistischen Kräfte stärken würde.
Dass die anderen Westbalkanstaaten noch weiter von einem EU-Beitritt entfernt sind, betrifft Kroatien dagegen nicht. Nicht die gesamte Region, sondern jedes Land für sich wird auf seine EU-Tauglichkeit geprüft. Vor allem Serbien macht Brüssel Sorgen. Da sich die Regierung standhaft weigert, die vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gesuchten Extremisten Mladić und Karadžić auszuliefern, hat das Land keine Chancen auf eine schnelle Integration. Hinzu kommen nach Ansicht Brüssels Probleme bei der Umgestaltung der Wirtschaft. Immerhin wurde kürzlich eine neue Verfassung angenommen, die den Übergang in die Marktwirtschaft erleichtern wird – zugleich aber das Kosovoproblem verschärft. Serbien möchte dessen Unabhängigkeit verhindern. Die ungelöste Statusfrage hemmt Investitionen und die wirtschaftliche Entwicklung der vor allem von Albanern bewohnten Region.
Alle ehemals sozialistischen Länder hätten Probleme mit dem Übergang zur Marktwirtschaft, sagt Christian Schwarz-Schilling, Beauftragter der EU in Bosnien und Herzegowina. Er sieht in Bosnien große Fortschritte, mit dem Aufbau der Grenzpolizei sei ein drängendes Problem gelöst, die Wirtschaft wachse, nun müssten die Bosnier eine neue Verfassung verabschieden und die Polizeireform durchsetzen. Sorgen macht, dass vor allem die bosnischen Serben Reformen blockierten. Mazedonien sieht der EU-Bericht auf gutem Weg. Das Land habe die internen ethnischen Spannungen in den Griff bekommen, müsste jedoch die Wirtschaftsreform beschleunigen. Im Ganzen sei der Bericht positiv ausgefallen, erklärten Vertreter des EU-Büros in Skopje.
In Montenegro sind die Hoffnungen hochgesteckt. Seit der Unabhängigkeit von Serbien kann das Land selbstständig agieren. Wie das Kosovo hat Montenegro den Euro als Zahlungsmittel, ausländisches Kapital fließt in das Land, vor allem Italiener und Russen wollen investieren. Der Tourismus ist wieder im Kommen. Kritisiert werden von der EU jedoch Mängel bei der Demokratisierung. ERICH RATHFELDER