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Archiv-Artikel

Gegen den Staat

POLIZEI Der Kriminologe Christian Pfeiffer stellt den zweiten Teil der Studie über Gewalt gegen Polizisten vor

„Die Polizei ist der Prügelknabe der Nation“, fasste Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN), das Ergebnis des zweiten Teils seiner Gewaltstudie in Hannover zusammen. „Das ist jedenfalls das, was die verletzten Beamten empfinden.“ 2.600 Polizisten, die im Dienst Gewalt erfahren haben und mindestens einen Tag dienstunfähig waren, hat das KFN befragt.

Ein häufiges Motiv für Angriffe auf Polizeibeamte ist der Studie zufolge Feindschaft gegenüber dem Staat. Der Anteil der Angriffe, die unter Alkoholeinfluss verübt wurden, ist seit 2005 gestiegen. Im Fokus der Studie stehen auch mutmaßliche Täter mit türkischem oder osteuropäischem Migrationshintergrund, die besonders häufig angreifen sollen. Zwei von fünf Gewalttätern haben eine nichtdeutsche Herkunft. „Angriffe gibt es nicht nur bei Demonstrationen, sondern auch im gemeinen Streifendienst und bei häuslicher Gewalt“, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Zweifel an der Aussagekraft der Studie hat der Berliner Politologe und Polizeiforscher Norbert Pütter. Der Wissenschaftler spricht von „fragwürdigen Methoden und spekulativen Erklärungen“ des KFN. So sei es wahrscheinlich, dass sich PolizistInnen ohne Gewalterfahrung im Dienst weit weniger an der Erhebung beteiligt hätten und das Ergebnis der steigenden Gewaltbereitschaft daher verzerrt sei.

Schünemann kündigte an, die interkulturelle Kompetenz bei seinen BeamtInnen als Reaktion auf die Studie erhöhen zu wollen. „Es ist wichtig, dass die Polizei selbst kommunikationsfähiger wird“, pflichtete ihm Pfeiffer bei. Auch will der Minister mehr MigrantInnen in den Dienst holen.

Die Gesetzesinitiative, Widerstand gegen Polizisten stärker zu bestrafen, begrüßen Schünemann und Pfeiffer ebenfalls. Für Pütter ist das „ein Beispiel, wie das Strafrecht für symbolische Politik missbraucht wird“. Gewalt könne man nicht mit Gewaltanwendung begegnen.BENJAMIN LAUFER