: Oh, du kitschige
HIPPEN RÄT AB In „Home for Christmas“ von Bent Hamer werden Klischees zu einem Episodeneintopf zusammengerührt
VON WILFRIED HIPPEN
Jetzt ist die Zeit des Kunsthandwerks: Plastikengel, Bilder von Winterlandschaften, Weihnachtshits, Weihnachtsgeschichten und Weihnachtsfilme. Was im Rest des Jahres als sentimental verschmäht würde, rührt zum Advent die Herzen. Große Kunst entsteht unter diesen Umständen selten. Charles Dickens und Paul Auster haben sich mit ihren Weihnachtsgeschichten ganz anständig aus der Affäre gezogen, und John Ford gelang es sogar, aus John Wayne einen der heiligen drei Könige zu machen. Aber die meisten auf diese Saison hin produzierten Werke sind eher Dutzendware, und dazu gehört leider auch „Hjem til Jul“ von dem norwegischen Regietalent Bent Hamer.
Dabei waren viele nach seinen beiden so eigenwilligen und skurrilen Komödien „Kitchen Stories“ und „O‘ Horten“ in froher Erwartung auf seinen neuen Film. Dort hatte er sich und den Zuschauern Zeit dafür gelassen, seine maulfaulen und eher phlegmatischen Protagonisten langsam mit all ihren Marotten und sympathischen Schwächen kennen und schätzen zu lernen. Diesen Raum lässt er leider keiner von den 19 Figuren, die er in „Home for Christmas“ auffährt, und so bleiben sie alle dem Zuschauer fremd. Es wird eher breit als tief erzählt, denn Hamer wollte so viele weihnachtliche Motive wie möglich in die 79 Minuten seines Films hineinpacken.
Da gibt es ein armes Flüchtlingspaar in der Fremde, dem in einer schneebedeckten Hütte ein Kind geboren wird. Ein junges Paar sucht am weihnachtlichen Himmel mit einem Teleskop den hellsten Stern und entdeckt dabei die Liebe, eine Christbaum-Verkäuferin gewährt einem frierenden Obdachlosen ein warmes Mal, ein ohne Liebe ausgesuchtes Geschenk sorgt für einen Skandal bei der Mitternachtsmesse und ein einsamer Reisender stirbt auf dem Weg zur Weihnachtsfeier mit seiner Familie. All diese Versatzstücke der weihnachtliche Folklore werden so vorhersehbar und plakativ eingesetzt, dass der Film so gut wie keinen dramatischen Sog entwickelt. Zudem sorgt der ständige Wechsel zwischen den fünf erzählten Episoden für eine nervöse Hektik, die kaum der feierlichen Stimmung entspricht.
Nur bei einer Episode, die von einem geschiedenen Vater erzählt, der seine Kinder bei deren Bescherung nicht sehen darf und deshalb einen Weihnachtsmann angreift, versucht Hamer die vorherrschende feierliche Rührung ein wenig mit Humor zu brechen. Aber sein Witz ist hier weder trocken noch bissig genug, um wirklich zu zünden. Immerhin zeigt Hamer aber in einer langen Einstellung ein wunderschönes Nordlicht. So bleibt „Home for Christmas“ ein Adventsfilm, der in den nächsten drei Wochen festlich gestimmte Zuschauer in den Kinos unterhalten dürfte und danach gnädig vergessen werden sollte.