: Eltern in der Tinte
SCHULE Die Rahmenbedingungen für integrativen Unterricht fehlten, klagt der Elternverein „Leben mit Behinderung“. Schulsenator Dietrich Wersich (CDU) soll hier bis zur Anmelderunde Klarheit schaffen
Er müsse sich erst einen Überblick verschaffen und klären, welche Entscheidungen vordringlich sind, hat CDU-Senator Dietrich Wersich erklärt, als er vorige Woche die Schulbehörde übernahm. Zu den Problemen, die „ganz dringend“ einer Klärung bedürfen, gehörten die Rahmenbedingen des integrativen Unterrichts, findet Martin Eckert vom Elternverein „Leben mit Behinderung Hamburg“.
In Hamburg haben alle Kinder seit diesem Jahr das Recht eine Regelschule zu besuchen. Das hat an 77 neuen Integrationsstandorten für rund 700 behinderte Kinder ein integratives Lernen ermöglicht. Doch eine Verordnung, die Details regelt, war zu Schuljahrsbeginn nicht fertig.
„Deshalb hat die Behörde ein pragmatisches Jahr ausgerufen“, berichtet Eckert. Das habe zwar funktioniert, doch gebe es Schwierigkeiten, weshalb die Bedingungen dringend festgelegt werden müssten. Manche Kinder bräuchten einen Schulbegleiter, der ihnen im Alltag in der Klasse zur Seite steht. „Zur Zeit ist es Sache der Eltern, dies zu organisieren“, sagt Eckert. „Gelingt es nicht, hören sie schon mal: Lassen Sie Ihr Kind zu Hause.“
Zu solchen Fragen hatte eine behördliche Lenkungsgruppe im Oktober ein „Eckpunkte-Papier“ verabschiedet, das Eckerts Meinung nach eine gute Grundlage bot. Beispielsweise wurde dort geregelt, dass die Schulen die Schulbegleiter stellen und die bisherigen Sonderschulen Bildungszentren werden, die die Schulen unterstützen. Nun hätte im November die Verordnung kommen sollen.
Doch dieser Prozess geriet ins Stocken, weil sich „in der CDU Widerstand aufbaute“, wie Eckert sagt. Nach dem Bruch der Koalition säßen „die Eltern in der Tinte“. Eckert: „Die Gefahr besteht, dass überhaupt nichts voran kommt.“ Die Zeit dränge. Wüssten die Eltern bei der Anmelderunde im Januar nicht, unter welchen Bedingungen ihre Kinder an der Regelschule lernten, müssten diese im Zweifel doch an die Sonderschule gehen.
Schulsenator Wersich konnte sich am Freitag nicht äußern. „Es ist noch zu früh“, bat ein Sprecher um Verständnis. Elternkammer-Chef Peter Albrecht will die Sache am Mittwoch in der Schul-Deputation ansprechen. „Es müssen bestimmte Mindeststandards definiert sein“, findet Albrecht. Er hofft darauf, dass der Sozialsenator zum Thema Integration „fachlich einen besonderen Draht hat“. KAIJA KUTTER