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Archiv-Artikel

7 Tote und betrunkene Panzerfahrer

GEWALT Bewohner Mariupols fühlen sich im Stich gelassen

KIEW taz | Die Bewohner Mariupols nennen die Situation in ihrer Stadt einen Albtraum. Mit einer halben Million Einwohner ist Mariupol eine verhältnismäßig große Stadt am Asowschen Meer.

Am vergangenen Wochenende kam es in Mariupol zu blutigen Auseinandersetzungen. Anlass war das geplante Referendum über die Schaffung der Volksrepublik Donezk. Augenzeugen berichten, dass viele Wähler von außerhalb nach Donezk gekommen seien, vermutlich aus Russland. Nach Angaben der Behörden seien mindestens 7 Menschen getötet worden und fast 50 verletzt. Innenminister Arsen Awakow sprach von 20 getöteten „Terroristen“.

Elena, Journalistin aus Kiew, besuchte am Wochenende ihre Eltern in Mariupol. Zurück in Kiew, steht sie unter Schock: „Ich erfuhr, dass die Regierung befohlen hatte, die in Mariupol stationierten Militäreinheiten unverzüglich zu verlassen. In den Kasernen fand man noch frisches Brot auf den Tischen, der Befehl erfolgte um die Mittagszeit. In kürzester Zeit stahlen Plünderer dort alles, was ihnen in die Hände fiel. Sie nahmen auch die Panzer mit und fuhren mit ihnen betrunken durch die Stadt. Als der Tank eines Panzers sich leerte, begannen die Fahrer an Knöpfen herumzudrücken, in der Hoffnung, der Motor würde wieder anspringen. Stattdessen lösten sie Schüsse aus, die ein gegenüber stehendes Haus stark beschädigten. Betrunkene zogen plündernd durch die Straßen und überfielen Läden, Friseurgeschäfte und Kioske. „Meine Mutter und ich blieben in der Wohnung, auf der Straße gab es immer wieder Schießereien“, erzählt Elena. „Es hieß, die Miliz würde eingreifen, sobald eine Streife zur Verfügung stehe. Doch nichts geschah.“

Die Menschen haben auch ihr Vertrauen in die Medien verloren. Im Fernsehen verkündet die Regierung, sie bemühe sich um eine Lösung des Konflikts. „Das stimmt so aber nicht. Bislang ist kein einziger Regierungsvertreter in der Stadt gesehen worden, sagt Elena. ANDREJ NESTERKO

Aus dem Russischen übersetzt von Ljuba Naminova