LESERINNENBRIEFE
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Verwirrende Heitmeyer-Studie

■ betr.: „Die radikale Mitte“, taz vom 4./5. 12. 10

Die Studie über die Islamfeindlichkeit der deutschen Mittelschicht hat mich doch sehr verwundert. Gibt es denn nicht in den ach so toleranten Niederlanden einen Rechtspopulisten namens Wilders, der die Regierung duldet? Gibt es nicht im ach so toleranten Dänemark eine rechtsnationale Dansk Folkeparti, die die Regierung duldet und in der Ausländerpolitik den Ton angibt? Meines Wissens sitzt bei uns die NPD noch nicht im Bundestag. Die Studie verwirrt mehr als dass sie aufklärt. S. Müller

Egoismus der Eliten

■ betr.: „In der Mitte wächst der Hass“, taz vom 4./5. 12. 10

Nun ist es auch noch wissenschaftlich belegt, was der aufmerksame Beobachter der politischen Szene schon seit geraumer Zeit wahrnehmen konnte: Ein Teil der deutschen Eliten zieht sich in die eigene Parallelgesellschaft zurück und beginnt zur Legitimation dieser Haltung mit dem sinnbildlichen Finger auf andere Bevölkerungsgruppen zu zeigen. Sarrazin hat an einer Stelle diese Stimmung bedient. Es sind ja nicht nur einige verirrte Bankmanager, die sich exorbitant hohe Gehälter mit der Begründung ihrer hohen Verantwortung genehmigen. Es sind ja genauso die Initiativen im Bildungsbereich, die eine gemeinsame Unterrichtung der Kinder verweigern, wie jüngst in Hamburg geschehen. Es ist die Privilegierung der Gutverdienenden in der Steuergesetzgebung. Goldene Handschläge in Zeiten von Sozialkürzungen, das sind die Realitäten in dieser Gesellschaft, die einmal stolz auf ihren sozialen Zusammenhalt war. Es sind nicht primär die Problemgruppen der Unterschicht mit und ohne Migrationshintergrund, sondern es ist der Egoismus und die Verweigerung eines zunehmenden Teils der deutschen Eliten, die die strukturelle Krise in unserer Gesellschaft ausmachen. Das wird man doch wohl noch sagen dürfen – oder? HELMUT ZACHAU, Bremen

Irreführende Fragen

■ betr.: „Die radikale Mitte“, taz vom 4./5. 12. 10

Man muss sich fragen, warum eine Studie sich als wissenschaftlich bezeichnen darf, wenn sie so die Basiskriterien für eine unabhängige Befragung ignoriert. Zitat: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“ Warum nicht zwei Fragen, nämlich: 1. „Sind Sie mit der Politik der israelischen Regierung gegenüber den palästinensischen Gebieten einverstanden?“ 2. „Glauben Sie, dass Juden generell für Israels Politik verantwortlich sind?“ Ich wette, dass die Zustimmung zu Frage 1 ziemlich niedrig wäre und zu Frage 2 ebenfalls. Von „Exzellenzclustern“ erwartet man weniger irreführende Fragen. IAN PORTMAN, Stuttgart

Von Hartz IV zu Hartz 5

■ betr.: „Hartz IV nach heftigem Streit beschlossen“, taz v. 4. 12. 10

Die Bundesregierung greift tief in die Tasche, um endlich die Kluft zwischen Arm und Bettelarm zu verkleinern. Allen voran unsere Bundesministerin für Heimarbeit und Sozialabbau spricht von einer deutlichen Verbesserung auch für die Kinder. Sie muss es ja wissen, hat sie doch selbst allein sieben Kinder großgezogen mit einem schmalen Gehalt und hat noch fürs Alter gespart. Satte 5 Euro gibt’s bald pro Hartz-Nase mehr. Und paar Gutscheine für die Kids. Entsprechend groß war auch die Begeisterung bei SPD, Grünen und der Linkspartei. Da es sich bei den 5 Euronen um eine historisch denkwürdige Sache handelt, schlage ich vor, den alten Begriff von Hartz IV durch Hartz 5 zu ersetzen. WERNER BRENIG, Koblenz