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Archiv-Artikel

Winterlinde ist weg

FÄLLUNG Ein Nachruf auf sechsundzwanzig Bäume in Prenzlauer Berg. Feldahorn kommt

Die Bäume am Fuß der Prenzlauer Allee wurden weggeschlagen, geopfert dem fortgesetzten Umbau der alten Bötzow-Brauerei in ein Kreativquartier. Der Blick ist jetzt frei auf den Schornstein, an dem in großen Lettern senkrecht „Futuring“ steht, oh Wortkunst! Die frischen Stümpfe zeugen davon, wie groß und alt einige der Bäume waren, die hier standen.

Wer im Sommer auf dem Fahrrad die Prenzlauer Allee Richtung Alexanderplatz hinabsauste, bekam hier das letzte bisschen Kühlung vorm aufgeheizten Betongehäuse der Innenstadt zugefächelt. Nun gut, die Kastanien an der Ecke Saarbrücker Straße stehen noch. Aber jeder weiß, in welche traurigen Gestalten Kastanien sich seit dem Einzug der Miniermotte schon Anfang Juli verwandeln.

Trost der Dokumentation

Immerhin findet sich eine genaue Dokumentation zum Wie und Was der Baumfällungserlaubnis. Schon die Existenz solcher Tabellen und Lagezeichnungen kann Trost spenden. Das Umwelt- und Naturschutzamt des Bezirks Pankow hat die Genehmigung zur Fällung Ende Februar nach Paragraf 5 Abs. 1 Nr. 2. Baumschutzverordnung „an 26 Stück folgenden Bäumen“ erteilt und nennt sie dann alle respektvoll mit deutschem und lateinischem Namen von Flügelnuss (Pterocarya fraxinifolia) bis Steinweichsel (Prunus mahaleb).

Die Fällung von drei Linden, zwei Ulmen und zwei Platanen wurde sogar versagt, sie stehen außerhalb des Baubereichs und gehören fachgerecht geschützt.

Die 26 gefällten Bäume aber hatten einen Wert von 23.180 Euro beziehungsweise mindestens 25 Stück Ersatzpflanzung, zum Beispiel Feldahorn (Acer campestre), und zwar bis zum 15. Juni dieses Jahres. Das ist dann doch wieder ernüchternd: superschlanke Ahorne aus der Baumschulretorte statt einer Winterlinde (Tilia cordata) mit immerhin 325 Zentimetern Stammumfang?

Ronald Kölm vom Umwelt- und Naturschutzamt kann das erklären. Die Ersatzpflanzung, sagt er, „kann kein ökologischer und ideeller Ersatz sein“, sondern ist eine Auflage für Privateigentümer, die nun einmal auf ihrem Grund und Boden bauen und fällen dürfen.

Verteidigung des Ahorns

Herr Kölm verteidigt auch den Feldahorn. Das sei gar nicht wahr, dass die Städte nur noch mit Feldahorn vollgestellt würden. „Der Feldahorn ist in den letzten Jahrzehnten sogar eher in Vergessenheit geraten“, man möge ihn bitte nicht mit dem Spitzahorn verwechseln, der in der Tat häufig zu sehen sei, ebenso wie die Trendbäume Robinie und asiatische Zierkirsche.

In der Tat habe der Ahorn den Vorteil, dass er „als solcher relativ stressresistent“ sei, sagt Kölm, aber er sei auch „nicht so billig wie eine Pappel“. Und der Ahorn halte den Umpflanzstress ganz gut aus, berichtet Herr Kölm, in den Baumschulen werde er darauf trainiert.

Nach vier Vegetationsperioden kommt Herr Kölm dann noch einmal auf den Bötzow-Hof und kontrolliert das Anwuchsergebnis. ULRIKE WINKELMANN