Motassadeq drohen 15 Jahre Haft

Heute verkündet der BGH sein Urteil im Revisionsverfahren gegen Mounir al-Motassadeq. Möglicherweise könnte der mutmaßliche Terrorhelfer doch wegen Beihilfe zum Mord bei den Anschlägen vom 11. September verurteilt werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) verkündet heute im Revisionsprozess gegen den mutmaßlichen Terrorhelfer Mounir al-Motassadeq seine Entscheidung. In einer ersten Bestandsaufnahme deutete das Gericht bereits an, das es das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) zumindest in Teilen aufheben wird. Das OLG hatte den 32-jährigen Marokkaner im August 2005 zu sieben Jahren Haft verurteilt, weil er Mitglied der Hamburger Terrorzelle um den Todespiloten Mohammed Atta gewesen sein soll. Die von der Staatsanwaltschaft geforderte Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord hatte das Gericht aber abgelehnt, da nicht erwiesen sei, dass Motassadeq von den geplanten Anschlägen auf World Trade Center und Pentagon gewusst habe.

Genau daran aber äußerte der BGH bereits im Oktober Zweifel. Der Vorsitzende Richter, Klaus Tolksdorf, deutete an, das Gericht teile die Einschätzung der Bundesanwaltschaft, nach der Motassadeq zumindest von den geplanten Flugzeugentführungen gewusst habe und so vom möglichen Tod der Passagiere. In diesem Fall würde dem 32-jährigen Familienvater eine 15-jährige Haftstrafe drohen.

Bei der Neuauflage des spektakulären Prozesses dürften die Richter mit Motassadeq allerdings kurzen Prozess machen. Die Beweis-Feststellungen des früheren OLG-Verfahrens sollen nach Auffassung der Anklagebehörde aufrechterhalten werden. Ohne neue Beweisaufnahme würde die neue Verhandlung voraussichtlich nur ein paar Tage dauern.

Die Verteidiger Motassadeqs beantragten dagegen eine vollständige Aufhebung des Urteils. Sie streben eine komplette Neuverhandlung und einen Freispruch an.

Sollte der BGH den Prozess wie erwartet nach Hamburg zurückverweisen, müsste er dort zum dritten Mal aufgerollt werden. Bereits 2003 war der ehemalige Elektrotechnik-Student wegen Beihilfe zum Mord zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Dieses Urteil hob der BGH aber im Jahr 2004 auf, weil US-Behörden Aussagen von Zeugen in amerikanischem Gewahrsam nicht freigegeben hatten. In einem zweiten Verfahren stellten die US-Behörden dann Aussagen von inhaftierten Terrorverdächtigen, etwa dem mutmaßlichen Strippenzieher Ramzi Binalshibh, zur Verfügung. Danach soll Motassadeq nicht in die Einzelheiten der Anschlagsplanung eingebunden gewesen ein.

Motassadeq selbst ist seit Februar auf freiem Fuß, muss sich aber regelmäßig bei der Polizei melden. Er saß mit Unterbrechungen bisher fast drei Jahre in Untersuchungshaft. MARCO CARINI