CDU-Spitze verspricht Rüttgers satte Mehrheit

Generalsekretär Pofalla erwartet auf dem Parteitag „große Zustimmung“ für den umstrittenen Vorschlag des NRW-Ministerpräsidenten, mehr Arbeitslosengeld an ältere Joblose auszuzahlen. Proteste der SPD spornen CDU erst an

BERLIN taz ■ Im Koalitionstreit um Änderungen an den Hartz-Gesetzen hat sich CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla gestern weit aus dem Fenster gehängt. Der von Parteivize Jürgen Rüttgers eingebrachte Antrag für eine längere Auszahlung von Arbeitslosengeld I an ältere Joblose werde auf dem CDU-Parteitag Ende November „mit großer Zustimmung“ beschlossen werden, kündigte Pofalla an – und es stehe „außer Frage, dass ich diesen Beschluss für richtig halte“.

Da der Generalsekretär das Sprachrohr seiner Chefin ist, steht damit auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel unter Druck. Alles andere als eine klare Mehrheit wäre für sie eine Blamage. Angesichts der nicht enden wollenden Debatte um die Rüttgers-Idee musste sich Merkel jedoch entscheiden: Unterstützt sie den Antrag des NRW-Ministerpräsidenten weiter nur stillschweigend oder mit Macht und dem Risiko des Scheiterns?

Gefährlich erscheint die eindeutige Festlegung, weil die eigene Bundestagsfraktion und CDU-Größen Bedenken angemeldet haben. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger nannte die Rüttgers-Pläne „weder sozial gerecht noch politisch durchsetzbar“. Diese Kritik wischte Pofalla vom Tisch. Rüttgers’ Antrag sei doch gar nichts Neues, sondern bekräftige nur einen Parteitagsbeschluss von 2004. Schon damals forderte die CDU, die Auszahlung von Arbeitslosengeld I an die Dauer der Beiträge zu koppeln und länger als 12 Monate auszuzahlen, wenn Joblose länger als 15 Jahre Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt haben.

Warum sich Merkel und Pofalla dafür einsetzen, jetzt einen Beschluss aus Oppositionszeiten neu aufzulegen? Zunächst war es innerparteiliche Taktik: Nur so gelang es ihnen, noch großzügigere Versprechungen zu verhindern, die Rüttgers beantragen wollte. Inzwischen dient der Kompromiss-Antrag aber auch als willkommenes Mittel, die SPD in Verlegenheit zu bringen. Denn je mehr Beifall Rüttgers findet, desto entrüsteter reagiert die SPD, insbesondere Arbeitsminister Franz Müntefering.

„Das Ausmaß der Empörung finde ich schon bemerkenswert“, sagte Pofalla. Dies zeige, dass die SPD das Thema fürchte „wie der Teufel das Weihwasser“. Er selbst wiederum scheut eine genaue Antwort auf die Frage, wie die CDU die Begünstigung für ältere Arbeitslose finanzieren möchte. „Aufkommensneutral“, lautet seine Standardauskunft, also durch Einsparungen bei anderen Arbeitslosen. Aber bei welchen? Bei jüngeren Joblosen könnte das Arbeitslosengeld um einen Monat gekürzt werden, deutete Pofalla an. Aber auch Ältere, die nur kurz gearbeitet haben, könnten zu den Verlierern gehören. Bisher bekommen Arbeitslose über 55, die mindestens 3 Jahre Beiträge zahlten, 18 Monate Arbeitslosengeld. Das aber gäbe es nach dem CDU-Plan erst nach 25 Beitragsjahren.

Die CDU-Logik, wonach nur innerhalb der Gruppe der Arbeitslosen umverteilt werden kann, wird inzwischen aber von der CSU in Frage gestellt. Dort heißt es, es sei genug Geld da, um Verbesserungen ohne Kürzungen bei anderen zu finanzieren.

LUKAS WALLRAFF