: Juristisch zweifelhaft
KUSCH ANGEKLAGT
Ohne Frage hat die Anklage gegen den früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch viel Sympathie geerntet. Laut Hamburger Staatsanwaltschaft soll Kusch als Vorsitzender des Vereins „Sterbehilfe Deutschland e. V.“ gemeinschaftlich mit dem als Gutachter für ihn tätigen Arzt Johann Friedrich S. Totschlag an zwei Frauen begangen haben. Die 81-jährige Frau M. und die 85-jährige Frau W. waren im Juni 2012 dem Sterbehilfe-Verein beigetreten, im November des Jahres brachte Johann Friedrich S. ihnen die Überdosis eines Malaria-Medikaments, an dessen Einnahme sie starben.
Kusch selbst ließ es sich bei der von ihm einberufenen Pressekonferenz nicht nehmen, eine Abwandlung der von ihm einst medienwirksam präsentierten Injektionsautomaten zur Selbsttötung vorzustellen. Dann kündigte er an, die Vereinsarbeit trotz der Anklage fortzuführen. Die nennt die Deutsche Stiftung Patientenschutz „gut gemeint“, aber „schlecht gemacht“. Es herrscht eine gewisse Skepsis, ob der Vorwurf der Staatsanwaltschaft juristisch haltbar sein wird. Sie wird Kusch, den sie als „vollumfänglich“ in Kenntnis gesetzt beschreibt, und Johann Friedrich S. eine, juristisch gesprochen, „tatsächliche Tatherrschaft“ nachweisen müssen.
Laut Anklage hat S. den Frauen suggeriert, ihr Suizid sei alternativlos. Dabei habe er selbst ihnen zuvor attestiert, sie seien „sozial gut eingebunden“ und „körperlich rege“. Der einzige Grund für ihren Todeswunsch, so die Staatsanwaltschaft, sei die Angst vor dem Altern und dessen Folgen gewesen. Nun muss das Hamburger Landgericht entscheiden, ob es die Anklage zulässt. GRÄ