: Das geht runter wie …
ÖL I Sie bringen eine spezielle Note in den kulinarischen Alltag und sind zudem noch sehr gesund. Am besten kauft man Speiseöle beim Händler seines Vertrauens. Köstliche Aromen müssen nicht gleich 120 Euro pro Liter kosten, wie das Arganöl aus Marokko
■ Ölwerk, Gervinusstr. 19, Charlottenburg, Di.–Fr., 10.30 bis 18.30 Uhr, eine Filiale gibt es in der Oderberger Straße 50, www.oelwerk.de
■ Ölmühle Berlin, Winterfeldtstr. 66, Schöneberg, Mo.–Fr. 11–19 Uhr, Sa. 10–16 Uhr, www.oelmuehle-berlin.de
■ Pazianas Olivenöl, Senefelderstr. 4, Prenzlauer Berg, Mo.–Fr. 12–20 Uhr, Samstag 11–16 Uhr, www.pazianas.de
■ Anne Iburg: „Dumonts kleines Lexikon Essig & Öl: Herkunft, Geschmack, Verwendung, Rezepte“. Dörfler Verlag, Eggolsheim-Bammersdorf 2004. Alles über Geschichte, Herstellung, Inhaltsstoffe und Besonderheiten. Essig & Öl in der Küche: Geschmack, Verwendung, Einkauf und Lagerung. Mit vielen klassischen und neuen Rezepten. Essig & Öl im Haushalt: Wie Sie Essige und Öle selbst ansetzen können. 304 Seiten (gebunden). Preis: 7,99 Euro. (us)
VON ULRIKE SCHATTENMANN
Menschen, die noch nie in Traubenkernöl eingelegtes Rinderfilet probiert haben, sind zu bedauern. Das ist jedenfalls der Eindruck, der einen beschleicht, wenn man Henning Borchers zuhört. „Der intensive, leicht mostige Ton gibt dunklem Fleisch eine ganz besondere Note“, schwärmt der Ölmüller. Weil man etwa 40 Kilo der kleinen Kerne benötigt, um einen Liter Öl zu pressen, ist so ein Fläschchen Traubenkernöl allerdings nicht billig.
Aber immer noch preiswerter als Arganöl aus Marokko: Das kostet bis zu 120 Euro pro Liter, und ist damit das teuerste Pflanzenöl der Welt. Spitzenköche auf der ganzen Welt schwören auf das intensive Aroma. Weil die Samen vor dem Pressen geröstet werden, verleiht das dem Gourmetöl einen leicht nussigen Anstrich, „ideal zu Veredelung von Risotto“, meint Borchers.
Argan- und Traubenkernöl sind nur zwei Beispiele für eine ganze Reihe von ausgefallenen Pflanzenölen, die allmählich auch jenseits der Feinschmeckerszene bekannter werden. Sie bringen eine besondere Note in die Küche, auch bei Alltagsgerichten: Nur ein paar Tropfen Aprikosenkernöl auf die Quarkspeise geträufelt und schwupps bekommt sie ein feines Marzipanaroma. Fisch kann man gut in Kokosöl braten, und Leinöl verleiht nicht nur Kartoffeln eine besondere Note, sondern gibt auch dem Morgenmüsli einen neuen Dreh.
Die meisten von uns sind allerdings an den neutralen Geschmack der raffinierten Pflanzenöle aus dem Supermarkt gewöhnt, die etwa 95 Prozent aller Produkte ausmachen, wie Borchers schätzt. Bei der Raffination werden die gemahlenen und teilweise gerösteten Früchte, Samen und Kerne erhitzt oder mit Lösungsmitteln versetzt und anschließend chemisch und mechanisch gereinigt. Dabei verschwinden unerwünschte Trübstoffe, aber eben auch charakteristische Farben, Geruchs- und Geschmacksnoten.
Raffinierte Pflanzenöle eignen sich gut für die heiße Küche, weil sie erst bei hohen Temperaturen verrauchen, „außerdem sind sie länger haltbar“, sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Es sei immer noch gesünder, mit raffiniertem Rapsöl zu braten oder zu backen, als mit Butter oder Schmalz, einfach weil pflanzliche Öle im Vergleich zu tierischen Fetten vorwiegend ungesättigte Fettsäuren und sehr wenig Cholesterin enthalten.
Aber natürlich können sie vom Geschmack, vom Duft, vom Aroma nicht mit kaltgepressten Ölen mithalten. Wie so eine Pressung funktioniert, kann man bei Hennig Borchers und seinem Kompagnon Oliver Obst in ihrem gläsernen Mini-Betrieb erleben. Im Ölwerk gibt es keine Filter- oder Reinigungsprozesse, hier wird nichts geröstet, erhitzt oder irgendwie behandelt. Die Saaten landen frisch aus dem Jutesack in einer der drei elektronischen Mühlen, gerade sind es Leinsamen, die durch den Trichter rieseln.
Borchers bezieht sie vom Biogroßhandel, das Etikett auf dem Sack verrät die Herkunft: China. Gerne würde der Ölmüller mit regionalen Erzeugern zusammenarbeiten, „aber bis jetzt habe ich noch keinen gefunden, der helle Leinsaat in Bioqualität anbaut“, sagt er.
Im Inneren der Mühle presst eine sogenannte Schneckenwalze die Saat durch einen Zylinder, „ähnlich wie bei einem Fleischwolf“, sehr langsam und bei niedriger Temperatur. Das so gewonnene Öl kommt in einem Eimer und wird im Nebenraum gelagert, bis sich die trüben Schwebstoffe unten abgesetzt haben. Danach füllt Borchers sie mit einer Schöpfkelle in kleine Fläschchen ab, beklebt sie mit Etiketten und verkauft sie vorne an der Ladentheke.
Gerade erst widmete die Verbraucherzeitschrift Ökotest Edelölen aus Walnüssen, Kürbiskernen und Argansamen eine Titelgeschichte. Darin kamen die meisten Öle allerdings schlecht weg. Von 20 getesteten Produkten war die Mehrzahl mit Weichmachern, Mineralölrückständen oder Pestiziden belastet, darunter auffallend viele Bioprodukte. Viele Hersteller wollen jetzt nachbessern.
Borchers hat den Test gelesen und ist erleichtert, dass die Öle, die er dazukauft und nicht selbst produziert – etwa Kürbiskern- und Arganöl –, nicht dabei sind. Während des Herstellungsprozesses seiner Manufaktur können eigentlich keine Schadstoffe ins Öl gelangen, sagt er. „Wir schmieren die Ölpressen etwa nicht mit Mineralöl, sondern mit Mandelöl, selbstredend aus eigener Produktion.“ Trotzdem will er jetzt alle seine Produkte in einem Labor auf Rückstände untersuchen lassen, um ganz sicherzugehen. „Wir sind die Hersteller, wir müssen in die Offensive gehen, damit die Kunden uns weiterhin vertrauen.“