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Archiv-Artikel

DAS GANZ BESONDERE MUSEUM Familienbilder zwischen Thora-Rolle und Kalaschnikow

aus Katar

KARIN EL MINAWI

Skurriler könnte die Zusammenstellung der Exponate im Scheich-Faisal-Museum in Katar nicht sein: Zu den Schätzen gehören ein aus Syriens Altstadt abgetragenes Haus, ein handsignierter Rennfahreranzug von Michael Schumacher, Oldtimer, Fossilien, moderne Kunst, eine Tanksäule, eine originale Thora-Rolle und eine vergoldete AK-47 – ein Geschenk von Saddam Hussein, das nur auserwählte Besucher zu sehen bekommen. Wer also auf etwas andere Museen steht, ist in diesem Sammelsurium mitten in der Wüste genau richtig. Es gibt nichts, was es nicht gibt, und wenn doch, kauft der Besitzer, Scheich Faisal bin Qassim al-Thani, es bei seinem nächsten Besuch in London, Paris, Singapur oder Neu-Delhi.

Jedes einzelne Exponat hat der 65-jährige Cousin des im letzten Sommer abgedankten Emirs persönlich gekauft, ersteigert oder geschenkt bekommen. An Geld fehlt es ihm nicht. Scheich Faisal ist Eigentümer eines Millionen-Dollar-Unternehmens: Er besitzt Einkaufszentren, Hotels, Baufirmen, bereist geschäftlich und privat die Welt, bringt dabei immer wieder neue Objekte für sein Museum mit.

Das Gebäude, das eine knappe Autostunde von Katars Hauptstadt Doha entfernt liegt, ist eine Festung. Zu der auf 30.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche präsentierten Sammlung hat seit 1998 auch die Öffentlichkeit Zugang. Wie in allen anderen Museen in Katar auch ist der Eintritt frei. Die Besucher, hauptsächlich Ausländer, müssen sich vorher lediglich anmelden. Hält der Scheich sich gerade im Museum auf, und das tut er oft, führt er die Besucher sogar persönlich herum, erzählt, wo er was wann erworben hat. Dann dauert die Tour allerdings etwas länger: Die Sammlung umfasst etwa 17.000 Objekte aus verschiedenen Ländern und Jahrhunderten.

Die Ausstellungsstücke sind weder chronologisch noch historisch aufgestellt. Doch der Scheich weiß genau, wo was steht oder hängt, er kümmert sich persönlich um seine Schätze. Ein Inventarliste existiert nur in seinem Kopf.

Die Vitrinen sind unterschiedlich groß, aus schlichtem Holz und weder beleuchtet noch vollständig beschriftet. An den Wänden hängen zwischen wertvollen Kunstschätzen Familienbilder des Clans. Nichts schützt die empfindlichen Kunstwerke vor Temperaturveränderungen oder Staub. Neben dem Museum befinden sich auf dem Ausstellungsgelände auch mehrere Gehege, in denen neben Kamelen, Eseln und Gazellen auch Rehe und Strauße gehalten werden. Zu sehen sind auch Kaninchen, die einem vor dem Museumseingang über den Weg hoppeln, und Dutzende Pfaue, die durch die Gegend stolzieren.

Zu dem westlich und modern orientierten Image, das Katar anstrebt, passt dieses Museum so gar nicht. Doch genau das macht es aus. Es ist kein futuristisches, von einem ausländischen Stararchitekten entworfenes Gebäude, mit systematisch eingerichteten Vitrinen, die mit Kunstlicht ausgeleuchtet werden. Im Gegenteil, es ist authentisch, primitiv, traditionell und versetzt den Besucher in das bisschen Geschichte zurück, das Katar zu bieten hat – in die Vorölzeit. In die Zeit, als die Katarer sich ihr Geld noch mit Perlentauchen verdienten und, statt in gläsernen Wolkenkratzern und luxuriösen Compounds, in Beduinenzelten lebten. Mit seinem Museum versucht Scheich Faisal an der katarischen Identität festzuhalten, damit die nicht in Vergessenheit gerät.

Für die zahlreichen Objekte, die noch in seiner Schatzkiste stecken, baut Scheich Faisal auf dem Gelände nun ein neues Museum, irgendwo zwischen den Kaninchenställen und den Gehegen.