Gefahr noch nicht gebannt

Kieler „Störche“ vollführen nach 2:0-Sieg gegen Osnabrück Freudentänze durchs Stadion. Vor allem deren schwache Verteidigung kam ihnen zupass. Trainer Stefan Böger warnt vor verfrühter Eurphorie

VON CHRISTIAN GÖRTZEN

Früher wurde Fußballtrainern und Managern eine Schonzeit von 100 Tagen zugestanden. Heute fliegen sie schon mal nach 28 Tagen. So geschehen vor kurzem beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig. Dort musste Coach Đurađ Vasić nach nicht einmal einem Monat wieder gehen.

Vielleicht hatte Volker Marczynkowski, Pressesprecher des Fußball-Regionalligisten Holstein Kiel, ja nur etwas zu intensiv über die Austauschbarkeit von Namen und Gesichtern nachgedacht, als er nach dem verdienten 2:0 der abstiegsbedrohten Kieler „Störche“ am Sonnabend gegen den VfL Osnabrück zur Pressekonferenz lud. „Herzlich willkommen, meine Damen und Herren“, begann er. „Zu meiner Linken sitzt Claus-Dieter Wollitz, Trainer des VfL Osnabrück. Rechts von mir sehen Sie unseren Trainer Stefan Böger und daneben sitzt unser Manager Peter Vollmann.“

Böger und Vollmann standen schon nach 22 Arbeitstagen unter Erfolgsdruck. Holstein Kiel hatte unter ihnen nur einen von neun möglichen Punkten geholt. Vor allem die 2:3-Heimniederlage gegen den Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach II hatte für Unmut unter den Holstein-Fans gesorgt.

Seit Sonnabend um 15:47 Uhr ist das alles vergessen. Die Kieler Spieler vollführten Freudentänze auf dem Platz, und auch die Zuschauer waren überzeugt, dass mit diesem Sieg der entscheidende Schritt aus der sportlichen Krise gelungen war. Denn Kiel war von der ersten Minute an das bestimmende Team gewesen. Die Abwehr um Kapitän Sven Boy gewährte den Gästen keine Chancen. Die Gastgeber trugen ihre Angriffe fast ausschließlich über ihre rechte Seite vor, da sich Osnabrücks Linksverteidiger Andreas Schäfer früh als Schwachstelle hatte.

Dennoch schenkte Wollitz seinem Spieler auch in der zweiten Halbzeit das Vertrauen – und das rächte sich. Beide Tore bereiteten die Kieler über ihre rechte Seite vor. In der 61. Minute traf Pavel Dobry zum 1:0, acht Minuten später erhöhte Bartels auf 2:0.

Auch danach geriet der Sieg zu keinem Zeitpunkt mehr in Gefahr. „Heute wurden wir für unseren hohen Aufwand, den wir unter der Woche betrieben haben, belohnt. Der VfL Osnabrück hat in dieser Saison bislang spielerisch Maßstäbe gesetzt, da mussten wir mit Zweikampfstärke dagegenhalten“, sagte Böger. Vollmann warnte davor, in Euphorie zu verfallen. „Es gibt trotz des Sieges keinen Anlass, jetzt auf den Tischen zu tanzen. Der Blick auf die Tabelle verdeutlicht das.“ Dort schweben die „Störche“ trotz der drei gewonnenen Punkte weiter in Abstiegsgefahr.

VfL-Coach „Pele“ Wollitz nahm die erste Niederlage nach acht Spielen gelassen hin. „Wir haben nie zu unseren Rhythmus gefunden. Kiel war viel aggressiver und leidenschaftlicher. Wir dürfen uns mit dieser Niederlage nicht zu lange aufhalten, denn wer den längsten Atem und die größte Ruhe im Team hat, wird den Aufstieg schaffen“, sagte Wollitz.