: Streit um sprechende Vagina
Die Inszenierung des Jelinek-Stücks „Ulrike Maria Stuart“ am Thalia-Theater missfällt der Schriftstellerin Marlene Streeruwitz: Ihr werde darin ein „kopfloses Sprechen aus dem weiblichen Sexualorgan“ unterstellt
Die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz will nicht auf der Bühne des Hamburger Thalia-Theaters als sprechende Vagina dargestellt werden. Eine entsprechende Szene in Nicolas Stemanns Inszenierung des Jelinek-Stücks „Ulrike Maria Stuart“ empfinde sie als „würdelos“ und als „Verdinglichung“, erklärte die in Wien lebende Autorin gestern: „Ich will so nicht mehr vorkommen.“
Streeruwitz zufolge beleidige die Aufführung ihre Person und ihre Arbeit als Autorin, indem sie ihr „ein kopfloses Sprechen aus dem weiblichen Sexualorgan“ unterstelle. Das Thalia Theater wies die Vorwürfe entschieden zurück. Man wolle sich in dem Streit nicht dem Druck der gegnerischen Anwälte beugen, erklärte Thalia-Intendant Ulrich Khuon gestern. Eine von Streeruwitz’ Anwälten geforderte Unterlassungserklärung habe er nicht unterzeichnet. Dies sei den Anwälten bereits mitgeteilt worden. „Wenn die Gegenseite unseren Argumenten folgt, ist die Sache erledigt“, sagte Khuon und kündigte an, den Streit notfalls vor Gericht fortzusetzen.
Streeruwitz sieht sowohl ihre Urheber- als auch ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und fordert 5.000 Euro Schadenersatz. Da in der beanstandeten Szene Zitate aus einem Interview mit ihr vorkämen, gehe es ihr auch um die Abgeltung von Urheberrechten, sagte Streeruwitz. Der Regisseur verwende Passagen aus einem Gespräch zwischen Elfriede Jelinek und ihr, das 1997 in der Zeitschrift Emma erschienen sei. Vom Theater sei ihre Zustimmung dazu nicht eingeholt worden, argumentiert Streeruwitz: „Ich lebe ja noch, man kann mich fragen.“ Die verwendeten Texte, so ihr Einwand, seien für eine „Klamaukisierung“ missbraucht worden, die „sowohl an meinem Werk als auch an meinen politischen Auffassungen gänzlich vorbeizielt“.
Khuon erklärte dagegen, Auszüge aus einem öffentlich zugänglichen Interview seien nicht als künstlerisches Werk anzusehen und unterlägen daher nicht dem Urheberrecht. „Ich schätze Frau Streeruwitz als Autorin und bedauere, dass sie die Aufführung nicht gesehen hat“, sagte der Intendant. „Es ist ironisches, witziges und kritisches Theater.“ Die Auseinandersetzung bezeichnete er als „überflüssiges Scharmützel“. DPA