: „Beschränkungen sind nötig“
Nicht jeder Bachelor kann ein Master-Studium antreten, sagt Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz. Sollten Absolventen keine Arbeit finden, könnten notfalls weitere Studienplätze abgebaut werden
INTERVIEW KAIJA KUTTER
taz: Frau Auweter-Kurtz, Sie sind seit drei Wochen im Amt. Kennen Sie die Nöte und Sorgen der Studierenden?
Monika Auweter-Kurtz: Ich weiß, dass in Fächern, wo viele Studierende wenig Lehrenden gegenüberstehen, die größte Sorge ist, dass es genügend Seminare gibt. Hier hat sich unser Anmeldesystem „Stine“ sehr positiv ausgewirkt. Jetzt sehen wir, wo es eng wird und können nachsteuern.
Sie übernehmen die Uni in einer Umbruchphase. Bis 2007 sind alle Diplomstudiengänge in Bachelor- und Masterstudiengänge aufgeteilt. Sie selbst sagten, Sie hätten ursprünglich Bedenken gehabt.
Ja. Die hatte ich, als die Luft- und Raumfahrt-Studiengänge in Stuttgart umgestellt wurden. Das deutsche Diplom bietet eine breite Grundlagenausbildung, und ich hatte Sorge, ob es gelingt, im Bachelor sowohl Berufsqualifizierendes anzubieten als auch solide Grundlagen für diejenigen, die wissenschaftlich weiterarbeiten wollen. Inzwischen sehe ich aber in der Umstellung eine Chance, denn wir können Inhalte eines Studiengangs noch einmal ganz neu durchdenken. Ich kenne noch nicht alle neuen Studiengänge in Hamburg im Detail, aber was ich bis jetzt gesehen habe, hat mich überzeugt.
Um das Bachelor-Master-System gab es in Hamburg viel Streit. Die Frage ist: Was machen die ersten Bachelor-Absolventen, wenn sie 2008 fertig sind und keine Arbeit finden? Dürfen alle einen Master draufsatteln, oder gibt es da Beschränkungen?
Wir verhandeln gerade mit der Behörde, welche Kapazitäten im Masterbereich in welchen Fächern sinnvoll sind. Beschränkungen sind aber unumgänglich, weil die Ressourcen gedeckelt sind. Für mich geht es weniger um „Übergangsquoten“, weil ich davon ausgehe, dass viele nach dem Bachelor die Universität wechseln werden oder ins Ausland gehen und ausländische Studierende kommen, um hier ein Masterstudium aufzunehmen.
Wie hoch sind die Kapazitäten im Masterbereich? Orientiert sich dies an den Daten der Dohnanyi-Kommission von 2003? Der wollte ja, dass bei den Geisteswissenschaften nur 40 Prozent weiterstudieren, bei den Wirtschaftswissenschaften gar nur 30 Prozent.
Wir müssen jedes einzelne Fach daraufhin anschauen, wie die Chancen der Bachelor-Abgänger auf dem Arbeitsmarkt wirklich sind. Mir ist wichtig, dass die Studierenden mit ihrem Abschluss etwas anfangen können, entweder auf dem Arbeitsmarkt oder indem sie weiter studieren. Aber klar ist auch: Uns fehlen die Mittel, um in allen Fächern allen Bachelor-Absolventen ein Masterstudium bieten zu können. Wir bräuchten dafür entweder Geld oder müssten noch mehr Anfänger-Studienplätze abbauen.
Wie hoch sind die Quoten?
Das prüfen wir gerade.
Wissenschaftssenator Jörg Dräger bringt nun frisches Geld aus Berlin mit, dass er beim „Hochschulpakt“ eingeworben hat. Mit elf bis zwölf Millionen Euro will er Hamburgs Studienplatzabbau stoppen.
Wir haben ja seit 2003 bereits gut 600 Plätze abgebaut und werden bis 2009 noch mindestens genauso viele abbauen müssen. Wir haben mit dem Senator vereinbart, dass wir von dieser Linie startend neue Plätze aufbauen werden – aber nicht die gleichen.
Welche dann?
Das wird davon abhängen, wo es sinnvoll ist, wo die Nachfrage groß ist und wo neue Forschungsschwerpunkte liegen. Zum Beispiel in der Nanowissenschaft wäre ein neuer grundständiger Studiengang denkbar. Alle Dekane werden Vorschläge für geeignete Bereiche machen.
2010 kommt der doppelte Abiturjahrgang. Sie sagten bei Amtsantritt, dies böte der Uni die Chance, „die Besten“ auszuwählen. Ich zucke da zusammen.
Ich verstehe, was Sie meinen. Wir haben jetzt bereits fünfmal so viele Bewerbungen wie Plätze. Die gesellschaftliche Verpflichtung der Universität steht außer Frage. Die „Besten“ zielt deshalb auch nicht auf die Abiturnote ab, sondern darauf, dass es sinnvoll sein kann, nach ganz anderen Kriterien diejenigen auszuwählen, die von ihrer Persönlichkeit her für einen Studiengang am geeignetsten scheinen, obwohl sie vielleicht gar keine Spitzen-Abiturnote haben.
Sie sind die erste Präsidentin der Uni. Der Frauenanteil unter den Professoren ist bescheiden. Haben Sie auch da Ziele?
Meine hochschulpolitischen Erfahrungen als Frauenbeauftragte der Hochschulen in Baden-Württemberg waren für mich auch ein Grund, die Präsidentschaft hier anzunehmen. Ich werde ganz genau hinschauen und alles tun, um die Chancengleichheit von Frauen zu verbessern. Die Daten für ganz Deutschland wie auch für Hamburg sind leider noch immer bedrückend. Wenn man sieht, dass in den allermeisten Fächern zwischen der Anzahl der Frauen im Diplom und der Anzahl der Frauen beim Einstieg in die Promotion eine riesige Diskrepanz ist, darf uns das nicht ruhen lassen.
Bei wie viel Professorinnen liegt Ihre Traumquote?
Natürlich bei 50 Prozent.