: Castor kommt spät ans Ziel
ATOM Innenminister fordert Schadenersatz
LUBMIN taz | Der Castor ist drin. Nach gut 50 Stunden Fahrt erreichte der Transport mit vier Atommüll-Behältern aus der französischen Atomfabrik Cadarache gegen 22 Uhr am Donnerstagabend das Zwischenlager Nord bei Lubmin. In den Tagen zuvor hatten hunderte Protestierende versucht, den Zug aufzuhalten, der Brennelemente aus einem Karlsruher Versuchsreaktor und aus dem Atomfrachter „Otto Hahn“ ins Zwischenlager nach Vorpommern brachte. Für eine allein siebenstündige Verzögerung hatten zwei Robin-Wood-Aktivisten gesorgt, die sich auf einem sonst nicht mehr von der Bahn genutzten Gleisabschnitt südlich von Friedrichshagen an einem Betonblock im Gleisbett festgekettet hatten.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) kündigte am Freitag an, deshalb Strafanzeige zu erstatten. „Sie sind für die erhebliche Verspätung dieses Transportes und die erhöhten Einsatzzeiten der Beamten sowie zusätzlich entstandene Kosten verantwortlich.“ Er werde Schadensersatzansprüche prüfen.
Robin-Wood-Sprecherin Ute Bertrand sagte der taz, Caffier wolle offenbar von schlechter Polizeiarbeit ablenken. Unverantwortlich seien die Transporte, nicht Aktionen auf einer Bahnstrecke, auf der kein regulärer Bahnverkehr stattfindet.
Rechtsanwalt Thomas Wany kritisierte, dass jetzt „scharf geschossen“ werde, um Proteste zu marginalisieren und Aktivisten einzuschüchtern. Die Rechtsfolge-Drohungen halte er für nicht haltbar. Ministeriumssprecherin Marion Schlender sagte der taz, Caffier habe seine Auffassung geäußert. Wie das Gericht und die Staatsanwaltschaft entscheiden, müsse man sehen.
Viele Teilnehmer einer Sitzblockade kündigten Beschwerden über die Vorgehensweise der Polizei an. Die Grünen-Politikerin Ulrike Berger sagte, sie sei in einem Gefangenenbus stundenlang festgehalten worden. Aktivist Nils Möllmann sagte, die Polizei sei „logistisch katastrophal organisiert“ gewesen – was das Verkehrschaos bei Lubmin ausgelöst habe. JAN MICHAEL IHL