„Beste Suizidprophylaxe“

VORTRAG Die DGHS informiert über das Thema „Sterbehilfe – was ist erlaubt, was nicht?“

■ 60, ist seit 15 Jahren Mitglied des Vereins „Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben“ (DGHS) und Delegierte der DGHS Bremen.

taz: Frau Gläß, Gesundheitsminister Gröhe fordert das Verbot der geschäftsmäßigen und organisierten Sterbehilfe, was meint er damit?

Evelyne Gläß: So genau weiß ich das auch nicht. Kein Sterbehelfer will mit dem Tod anderer Geld verdienen oder gar jemanden in den Tod schicken.

Aber eine organisierte Sterbehilfe fordert die DGHS doch, oder?

Wir fordern, dass Ärzte bei einem Suizid assistieren dürfen – was übrigens gesetzlich erlaubt ist: Suizid ist nicht strafbar. Die Beihilfe zu einer nicht strafbaren Handlung ist also auch nicht strafbar.

Und wer verbietet Ärzten die Beihilfe?

Die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern. Viele Menschen wissen das nicht, dabei können sie durchaus auf Augenhöhe mit ihrem Arzt über das Thema reden.

Aber es gibt doch die Möglichkeit der Patientenverfügung, reicht die nicht aus?

Die muss natürlich vorliegen – und die liegt auch vor. Menschen, die den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen wollen, haben sich jahrelang darauf vorbereitet, sich damit auseinandergesetzt. Aber die Patientenverfügung hat ja nur zum Inhalt, dass keine lebensverlängernden medizinischen Maßnahmen getroffen werden sollen. Den Zeitpunkt des Todes zum Beispiel durch ein ärztlich zur Verfügung gestelltes Medikament zu bestimmen, beinhaltet sie nicht.

Das wäre ja auch aktive Sterbehilfe, und die ist verboten ...

Aktive Sterbehilfe bedeutet Töten auf Verlangen. Hier geht es aber um Beihilfe zur Selbsttötung, das ist ein Unterschied, weil hier die Verantwortung beim Patienten liegt und nicht beim Arzt. Man geht sogar davon aus, dass die Möglichkeit eines ärztlich assistierten Suizids die beste Suizidprophylaxe ist.

Inwiefern?

Ein Mensch weiß, dass er zum Beispiel im Falle einer schweren Krankheit einen Ausweg hat. Das beruhigt ihn, das lässt ihn nachts schlafen, das lässt ihn auch starke Schmerzen aushalten, weil er weiß, er könnte den Zustand jederzeit beenden. Diese Sicherheit macht ihn stark – denn sterben will niemand.  INTERVIEW: SCHN

15 Uhr, Café Hauptmeier im Best Western Hotel zur Post