Wie am eisigen Boden festgefroren

NIEDERLAGEN Ein chancenloser FC St. Pauli verliert gegen Mainz das siebte der letzten neun Spiele und schliddert auf Platz 15

Ohne stabile Mannschaft nützt auch das schönste Mittelfeldspiel nichts

St. Pauli gegen Mainz 05 – das ist eine Begegnung von Seelenverwandten: Beide Clubs haben nur bescheidene Mittel. Beide geben sich nicht damit zufrieden, diesen Nachteil mit mehr Kampf zu kompensieren, sondern setzen auf junge, oft nur ausgeliehene Spieler, die sie anspruchsvollen Offensivfußball spielen lassen.

Am Samstagabend am Millerntor war vor allem zu sehen, dass Mainz diesen Weg schon rund zehn Jahre länger geht. Der Club bringt mittlerweile selbst Ausnahmestürmer wie André Schürrle hervor, der die St. Pauli-Abwehr schon nach einer halben Stunde zweimal mit einer Leichtigkeit genarrt hatte, als wären seine Gegenspieler am eisigen Boden festgefroren.

St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski hatte schon vor Wochen die Devise ausgegeben, bis zum Winter „nur noch Attacke“ spielen zu lassen. Das brachte St.  Pauli viel Lob, aber nur einen Sieg, gegen Kaiserslautern – durch ein Eigentor. St. Paulis Stürmer haben über drei Monate nicht getroffen – auch, weil Stanislawski auf den formschwachen Marius Ebbers als einzige Spitze setzt. Aber er sieht kaum Alternativen: Neuzugang Gerald Asamoah etwa findet er aus der Tiefe kommend effektiver.

Gegen Mainz bot Stanislawski Rouwen Hennings als zweiten Stürmer auf, was er schnell bereute: Dadurch klaffte im Mittelfeld ein Riesenloch, St. Pauli brachte kaum einen Ball kontrolliert nach vorn. Hennings wurde zurückbeordert – mit wenig Erfolg. Nach Matthias Lehmanns Handelfmeter zum 1:2 düpierten die Mainzer St. Paulis Abwehr erneut mit einem Diagonalpass, den Adam Szalai ins Tor lupfte.

Das ist St. Paulis neuestes Problem: Die Abwehr schwächelt. Die Jungen wie Oczipka oder Carlos Zambrano wirken überspielt, die Rückkehr von Kapitän Fabio Morena brachte keine Stabilität.

Da nützt das schönste Mittelfeld nichts, das Mainz in der zweiten Halbzeit unter Druck setzte. Lehmann gelang mit einem Freistoß zum zweiten Mal der Anschlusstreffer, einen weiteren setzte er am Pfosten vorbei. Aber ein 3:3 wäre nicht verdient gewesen, fand Stanislawski später. Caligiuri machte das mit dem 2:4 noch für die letzten Traumtänzer deutlich. „Zu keiner Zeit“ seien am Mainzer Sieg Zweifel aufgekommen, meinte St. Paulis Sportchef Helmut Schulte und witzelte, dass St. Pauli zuletzt immer vor Weihnachten „eingefroren“ sei. Die Lage des Clubs wollte er aber nicht bagatellisieren: „Wir werden uns steigern müssen.“ Kommt bald ein neuer Torjäger? „Nein“, sagte Stanislawski, „wir haben grenzenloses Vertrauen in die Mannschaft“. JAN KAHLCKE