: Seehofer ackert für die grüne Gentechnik
Laut einem Eckpunktepapier will der Landwirtschaftsminister diesen „Wachstumsbereich nicht anderen überlassen“. Dafür sollen Freilandforscher künftig nur für direkte Schäden haften und Sicherheitsabstände verkürzt werden
BERLIN ap ■ Die Union will den Anbau genetisch veränderter Pflanzen erleichtern. Das sehen laut einem Bericht der Berliner Zeitung die Eckpunkte des neuen Gentechnikgesetzes aus dem Landwirtschaftsministerium vor. Agrarminister Horst Seehofer (CSU) habe sich demnach in weiten Teilen mit Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) geeinigt.
Die Eckpunkte sollten möglichst noch im Dezember vom Bundeskabinett beschlossen werden. Es wäre „unvernünftig, sich aus der Entwicklung neuer gentechnisch veränderter Pflanzen zurückzuziehen und diesen Wachstumsbereich anderen zu überlassen“, zitierte das Blatt aus dem Papier. Dabei wolle Seehofer die Forschung nicht nur im Labor, sondern auch im Freiland beschleunigen: So sollen Forscher im Falle von Vermischungen von gentechnisch veränderten mit normalen Pflanzen nur für Schäden haften, die beim Nachbarn auftreten.
Für Schäden bei Forschungsprojekten, die vom Bund finanziert werden, will die Bundesregierung aus Steuermitteln aufkommen. Außerdem sollen Ernteprodukte, die mit genveränderten Bestandteilen verunreinigt worden sind, verwertet werden dürfen, solange sie nicht in Lebens- oder Futtermittel gelangen. Die Genehmigung der Vorhaben soll erleichtert werden. Damit geht Seehofer auf Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) zu. Die beiden Minister hatten monatelang darüber gestritten.
Dagegen sollen die noch von Rot-Grün auf den Weg gebrachten Haftungsregeln für den kommerziellen Anbau im Grundsatz unangetastet bleiben. So sollen bei unbeabsichtigten Auskreuzungen durch Pollenflug grundsätzlich alle Anbauer genveränderter Pflanzen für Schäden aufkommen, wenn der Verursacher nicht ermittelt werden kann. Diese Regeln waren von Anwendern als Investitionshemmnis kritisiert worden. Nun plant Seehofer eine Selbstverpflichtung der Pflanzenzüchter. Die Lebensmittelindustrie und andere Abnehmer sollen freiwillig das Risiko der Landwirte übernehmen.
Noch keine Einigung gibt es beim Anbau von Genmais. Während Seehofer einen Sicherheitsabstand zwischen den Feldern vom 150 Metern plant, favorisiert Schavan laut Eckpunktepapier nur 50 Meter.
Die SPD wandte sich gegen Seehofers Vorschläge. Die SPD-Agrarexpertin Elvira Dobrinski-Weiß kritisierte: „Ich habe den Eindruck, dass den Anliegen der Industrie in dem Entwurf ein sehr großer Raum eingeräumt worden ist.“
Die Grünen kritisierten insbesondere die geplanten Abstandsregelungen zwischen Feldern mit genetisch veränderten Pflanzen und konventionellem Anbau. „150 Meter sind nicht ausreichend, um eine Kontamination benachbarter Felder zu verhindern“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Bärbel Höhn.