LESERINNENBRIEFE
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Kein Brot, nur Spiele

■ betr.: „Obdachlose bleiben weiter befreit“, taz vom 17. 12. 10

Das ist doch zum Haareraufen! Da überbringt mir die taz die Hiobsbotschaft, ab 2013 auch als überzeugte Nicht-Fernseherin für die Programmgestaltung von ARD und ZDF in die Tasche gelangt zu bekommen. Gleichzeitig lese ich, eine seichte ARD-Soap („Marienhof“) werde 2011 mangels Quote abgesetzt und der freiwerdende Sendeplatz werde an eine ebenso seichte Soap („Verbotene Liebe“) abgetreten. Wie kann eine Regierung ungestraft so weit entfernt vom Kerngeschäft agieren? Mein Vorschlag an die Bundesregierung: Anstatt die Bürger für einen fragwürdigen Service bezahlen zu lassen, wie wäre es mit einer verpflichtenden Pauschale für alle, mit deren Hilfe eine unabhängige, regional angepasste Sortenentwicklung und Erhaltungszüchtung von Kulturpflanzen finanziert wird? Sonst greift eines Tages die „Brot und Spiele“-Mentalität der Regierung nicht mehr, weil es das Brot nicht mehr gibt. JULIA PSCHERA, Wolfhagen

Pack der Gierigen

■ betr.: „Da lacht die Bank“, taz vom 10. 12. 10

Auch in der taz schleicht sich leider zunehmend der Mainstream ein. Gott sei Dank gibt es aber nach wie vor auch solide Information und Meinung „gegen den Strich“. Der Kommentar von Ralf Sotscheck war solch ein Beitrag. Es kann doch nicht sein, dass die Industriestaaten barfüßige Männer im Hindukusch mit Hightech jagen, aber die Spekulanten, die gegen den Euro wetten, auf kriminelle Weise reich werden und den Fortbestand ganzer Staaten bedrohen, angeblich eine Art Naturgewalt sind. Um dieses internationale „Pack der Gierigen“ irgendwann einmal hinter Schloss und Riegel zu bekommen, kann gar nicht genug geschrieben und protestiert werden. ROLF WALTHER, Dessau

Guttenberger Mummenschanz

■ betr.: „Narrhalla, marsch: Friedensaktivisten gönnen zu Guttenberg Karnevalsorden nicht“, taz-Wahrheit vom 17. 12. 10

Die Geschichte erinnert ein wenig an Hans im Glück: Erst lassen sich diese Adligen – oder sind es Raubritter? – vom Bildblatt Goldklumpen in den Hintern blasen, um sich dann anscheinend mit dem Gold einen für die Guttenbergs lebenswichtigen Orden aus Aachen zu kaufen. Es erzähle mir keiner, dass die Karnevalisten unbeschwert und aus freien Stücken ihr Aushängeschild an einen Kriegsminister vertun. Oder halten die Jecken das makabre Treiben der Guttenbergs für einen Mummenschanz, wie er nur im Karneval aufgeführt werden kann? GERT GROPP, Gangelt

Truppenbild mit Dame

■ betr.: Merkel in Afghanistan

Nach Bundesminister K. T. zu Guttenberg und seiner Steffi ist jetzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem vorweihnachtlichen Truppenbesuch in Afghanistan eingetroffen, um sich ein Bild von der gefährlichen Mission unserer Soldaten zu machen. Zur Erinnerung an den prominenten Afghanistan-Besuch werden gerne Fotos mit Soldaten in Adventsstimmung geschossen, G(T)ruppenbild mit Dame sozusagen, die sich wunderbar im „Superwahljahr“ 2011 vermarkten lassen. Fotos mit traumatisierten und verletzten Soldaten in der Heimat kommen dagegen nicht so gut an. Genauso wie die Bilanz des Afghanistan-Kriegs, in dem bisher 45 deutsche Soldaten ihr Leben lassen mussten. Und immer wieder kommt es am Hindukusch zu Gefechten mit Taliban, an denen die Bundeskanzlerin aus Sicherheitsgründen natürlich nicht teilnehmen darf. Warum eigentlich nicht? Dann könnte sie sich wirklich ein Bild von der verfahrenen Kriegslage in Afghanistan machen. Oder würde es dann etwa keinen Afghanistan-Krieg mehr geben? ROLAND KLOSE, Bad Fredeburg

Ministerreise mit Hofschranzen

■ betr.: „Was kommt nach Westerwelle?“, 18. 12. 10

Westerwelle dachte (wie Guttenberg auch), dass er machen kann, was er will. Zickig sein, mit Hofschranzen nach Südamerika fahren und danach rumgrölen: „Ihr kauft mir den Schneid nicht ab!“ Und Mövenpick/Hotel-Großspendern ein schönes Geschenk machen. Das geht eben nicht! Wer nicht bar jeder Vernunft war, hatte es vorher kommen sehen, welcher vertrackter Charakter hinter diesem Politkasper steckt. Dass diese Korrektur so schnell kommt und Westerwelle wirklich bald politische Vergangenheit ist, stützt die Schlagworte der FDP: Selbstheilungskräfte des Marktes! REINER WINDISCH, Maintail

Es wird noch ungerechter werden

■ betr.: „Kinder löffeln Hartz-Suppe aus“, taz vom 18. 12. 10

Bisher wurde in den Medien nur über die Regelsätze und das „Bildungspaket“ berichtet. Über das, was im Sozialgesetzbuch II im Rahmen der „Reform“ verschlimmert werden soll, habe ich nichts gelesen und gehört. Einzig in einem Referentenentwurf und in diversen Foren habe ich davon gelesen. Wenn das alles so beschlossen wird, dann haben die Sozialgerichte noch mehr Arbeit. Es wird noch ungerechter in Deutschland werden. Seltsamerweise kann für die „notleidenden“ Banken und die Profiteure der Finanzblasen schnell gehandelt werden. Dann spielt Geld keine Rolle. Weltweit! MARION MANNECK, Essen