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Archiv-Artikel

Pax Christi

Seit über 60 Jahren setzt sich Pax Christi für Zivilcourage und Frieden mit friedlichen Mitteln ein

Bernhard Lichtenberg hat nicht geschwiegen. Als im November 1938 der von den Nationalsozialisten geschürte Hass gegen deutsche Jüdinnen und Juden in offene Gewalt umschlug, solidarisierte sich der katholische Priester mit den Verfolgten. In der Berliner Hedwigs-Kathedrale betete er öffentlich für die Opfer und beschwerte sich schriftlich bei Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti, der am Euthanasie-Programm der Nazis beteiligt gewesen ist.

Seinen Mut sollte er fünf Jahre später mit seinem Leben bezahlen, als er von den Nazis ins Konzentrationslager Dachau verschleppt wurde und während des Transportes starb. „Wir erinnern an Menschen wie Bernhard Lichtenberg, weil man von ihnen etwas lernen kann“, sagte Christine Hoffmann, Generalsekretärin der deutschen Sektion von Pax Christi in einem Gespräch mit der taz.

Pax Christi ist eine katholische Friedensorganisation, die sich seit über 60 Jahren für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt engagiert. In über 60 Ländern ist sie für Dialog und Versöhnung aktiv. Das Sekretariat der deutschen Sektion befindet sich im Bernhard-Lichtenberg-Haus in Mitte. 2008 zogen Hoffmann und ihre Kollegin nach Berlin, um Friedenspolitik „greifbarer“ zu machen. Erinnern spielt als Handlungsgrundlage eine zentrale Rolle. „Wir ziehen Schlüsse aus der Vergangenheit für unser politisches Handeln“, sagte Christine Hoffmann. Und dazu gehört unter anderem, sich Neonazis auf der Straße entgegenzustellen oder Fahrten in Holocaust-Gedenkstätten nach Ravensbrück oder Auschwitz zu organisieren. Im kommenden Jahr wird Pax Christi wieder an den Aktionen gegen den größten Naziaufmarsch Europas in Dresden teilnehmen.

Aber die Arbeit gegen Rechtsextremismus ist nur eines von vielen Betätigungsfeldern der Organisation. Wesentlich ist auch die Friedensarbeit. „Mut zur Wahrheit“ fordert Pax Christi besonders in der Afghanistanpolitik und erklärte den Militäreinsatz für gescheitert. Die jüngsten Äußerungen des Verteidigungsministers zur Verknüpfung der deutschen Sicherheitspolitik mit Wirtschafstinteressen kritisierte Hoffmann scharf. Die Bundeswehr könne rechtskonform nicht zur Sicherung ökonomischer oder politischer Interessen herangezogen werden.

Die Antwort von Pax Christi ist die zivile Konfliktlösung. Auch in Sri Lanka richtete die Organisation ein Friedenszentrum und ein Kinderheim für tamilische Flüchtlinge ein. Seit der Übernahme des Nordens durch die sri-lankische Armee 2009 sind viele Tamilen auf der Flucht oder in Auffanglagern gefangen. „Wir müssen in solchen Regionen Dialog und Versöhnungsprozesse fördern und einen Gegenpol zur militärischen Gewalt bilden“, erklärte Hoffmann.

Ein weiteres wesentliches Feld ist die globale Abrüstung. Durch Informationsveranstaltungen schafft die Pax-Christi-Bewegung Räume, in denen neue Sicherheitskonzepte als konkrete Alternative zur Abschreckung erarbeitet werden. Im kommenden Jahr wird mit anderen Gruppen aus der Friedensbewegung zusammen die Kampagne „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel“ gestartet. Die Kampagne richtet sich gegen die deutschen Waffenexporte. „Deutschland ist aktuell drittgrößter Waffenexporteur der Welt. Dagegen muss etwas unternommen werden“, appellierte Hoffmann.

Seit 1992 können junge Erwachsene über Pax Christi als Alternative zum Zivildienst ein Jahr lang im Ausland Friedensprojekte kennenlernen. In Polen besteht zum Beispiel die Möglichkeit, in Auschwitz im Zentrum für Dialog und Gebet mitzuarbeiten. „Ein solches Jahr für den Frieden ist eine wertvolle Erfahrungsquelle“, erläuterte die Generalsekretärin.

Wer sich bei Pax Christi engagieren möchte, kann Mitglied werden und in einer der zahlreichen Basisgruppen mitarbeiten. In Berlin gibt es zum Beispiel eine Gruppe, die sich den Arbeitsschwerpunkt „Sri Lanka“ gesetzt hat. Auf der Internetseite befinden sich die Kontaktdaten der Gruppe. Ansonsten besteht die Möglichkeit, Pax Christi durch Spenden zu unterstützen oder sich direkt an das Sekretariat zu wenden und mit Hoffmann und ihrem Team nach Betätigungsmöglichkeiten zu suchen. „Pax Christi funktioniert hauptsächlich durch das ehrenamtliche Engagement. Wir freuen uns über jeden, der bei uns aktiv werden will“, appelliert Hoffmann an Interessierte. LUKAS DUBRO