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Archiv-Artikel

Landverschickung eingestellt

Die Rudolf-Ballin-Stiftung schließt das Mädchenheim im Allgäu. Die Nachfrage sei zu gering gewesen, sagt die Stiftung. CDU beharrt: Zahl der „Mädchen in schwierigen Lebenslagen“ steige

von KAIJA KUTTER

Das erst im März 2005 errichtete Mädchenhaus im Allgäu wird zum Jahresende schließen. Es sei nicht zu erwarten, dass von Hamburg aus „mehr als sechs Plätze“ belegt würden, heißt es in einer Presseerklärung des Trägers, der Rudolf-Ballin-Stiftung. Da auch nicht mit Belegungen aus anderen Bundesländern zu rechnen sei, könne die Stiftung das „ökonomische Risiko“ über den 31. Dezember 2006 hinaus nicht tragen.

Die Einrichtung des Mädchenheims war der Versuch des CDU-Senats, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. So halbierte er 2004 die Mittel für insgesamt drei Kinderkurheime der Ballin-Stiftung im Allgäu und an Nord- und Ostsee – mit der Folge, dass eines der drei hätte schließen müssen. Das neue Mädchenheim sollte den Standort im Allgäu retten und zugleich eine „Angebotslücke“ füllen, so der CDU-Jugendpolitiker Klaus-Peter Hesse.

Es gebe einen „zunehmenden Markt der Mädchen mit besonders schwierigen Lebenslagen“, sagte Hesse zur taz. Die Träger müssten sich Gedanken machen, wie sie dem Rechnung tragen. Die Zahl der Mädchen, die nicht sozial gefestigt seien und ins Drogen- und Prostitutionsmilieu abzurutschen drohen, steige an. Die Ballin-Stifung sei mit dem Mädchenhaus vermutlich zu früh dran gewesen. Hesse: „Für sie ist es konsequent zu sagen, wir machen nicht weiter. Wenn sich meine Ware nicht verkauft, kann ich das Angebot nicht mehr machen.“

Die GAL-Kinder- und -Jugendpolitikerin Christiane Blömeke hat von Anfang an kritisiert, dass das Heim zu weit weg von Hamburg und am Bedarf vorbei geplant sei. Sie sieht sich nun bestätigt. „Das Mädchenheim war ein Flopp“, sagt sie. Durch eine Parlamentarische Anfrage im Oktober hat sie erfahren, dass zuletzt nur noch vier Mädchen dort waren und die Sozialbehörde für eine „anlaufbedingte Unterauslastung“ rund 270.000 Euro dazuzahlt, um die zwölf Stellen zu finanzieren.

Insgesamt waren in diesem Jahr zehn Mädchen im Hubertushof, es gab 15 Elternbesuche. „Rund 1.000 Kilometer sind eben zu weit, um einen engen kontinuierlichen Kontakt zwischen Eltern, Mädchen und Betreuern entstehen zu lassen“, monierte Blömeke. Dabei sei eine Einbeziehung des familiären Umfelds wichtig für die spätere Reintegration.

Wie die GAL erfahren hat, hatte es bereits Anfang Oktober ein Gespräch zwischen Jugendhilfeträgern und Sozialbehörde gegeben, um über neue Unterbringungsmöglichkeiten für „Mädchen in schwierigen Lebenslagen“ zu beraten. Sie erwarte nun, dass die bestehenden Hilfsangebote, die es in Hamburg für diese Zielgruppe gibt, „mit dem Geld gestärkt und weiterentwickelt werden“, sagt Blömeke.

„Wir werden jetzt im Einzelfall entscheiden, ob andere Heime außerhalb Hamburgs belegt werden“, erklärt Sozialbehördensprecherin Katja Havemeister. Ein neues Heim für Mädchen in Hamburg sei nicht geplant.