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Archiv-Artikel

Swb will Klima einheizen

5,3 Millionen Tonnen CO2 im Jahr will die swb mit ihrem neuen Kohlekraftwerk in die Luft blasen – ein „massiver Rückschritt im Klimaschutz“, sagt der BUND. Schuld ist Umweltminister Sigmar Gabriel

von Armin Simon

Mit einer Mauer aus Kohlebriketts hat der Bremer BUND gestern vor dem Eingang des Bremer Umweltressorts gegen den Start des Genehmigungsverfahrens für ein neues Kohlekraftwerk der swb protestiert. Die neue Anlage – Jahresausstoß: 5,3 Millionen Tonnen CO2 – werde sämtliche Bremer Klimaschutzbemühungen zunichte machen, und das für Jahrzehnte, kritisierte BUND-Energieexpertin Anne Schierenbeck: „Kohle verbaut die Zukunft“.

Mit einer elektrischen Leistung von bis zu 910 Megawatt würde das neue Kraftwerk, das am Weserufer in direkter Nachbarschaft der Stahlwerke entstehen soll, die Stromerzeugungskapazität der swb ab 2012 etwa verdoppeln. Ein eigener neuer Hafen soll die kostengünstige Versorgung mit Importkohle sichern, ein wertvolles Sumpfwaldbiotop unter Kohlebergen verschwinden. Abschaltungen älterer Kraftwerke sind frühestens ab 2020 geplant, der umweltschonende Gichtgas-Block könnte schon 2015 stillgelegt werden.

BUND-Geschäftsführer Martin Rode sprach gestern von einem „grundsätzlich umweltunverträglichen Projekt“, das, sollte es verwirklicht werden, einen „massiven Rückschritt im Klimaschutz“ bedeute. So emittiere selbst ein modernes Kohlekraftwerk pro Kilowattstunde Strom doppelt so viel des Treibhausgases Kohlendioxid wie ein modernes Gaskraftwerk. Über die Hälfte der eingesetzten Energie werde nutzlos und für Fische schädlich die Weser aufheizen. Außerdem lasse sich ein großes Kohlekraftwerk schlecht regeln – und damit nicht gut mit den geplanten Offshore-Windparks kombinieren. „Ökologisch und ökonomisch“, so Schierenbeck, sei in Bremen ein „Einsparkraftwerk“ die sinnvollste Lösung.

Ziel des so genannten Scoping-Termins gestern war, eine Liste der erforderlichen Antragsunterlagen für das Kohlekraftwerk zusammenzutragen. Auch BehördenvertreterInnen drängten dabei auf eine Gegenüberstellung verschiedener Varianten. Die swb müsse zumindest begründen, warum sie etwa ein Gaskraftwerk abgelehnt habe, hieß es. „Wir haben das nur in wirtschaftlicher Hinsicht geprüft“, stellte der swb-Vertreter klar.

Dass Kohle dabei deutlich günstiger als Gas abschneidet, ist eine Folge der Klima-Politik von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Der brüstete sich zwar erst vergangene Woche, der Energiebranche ab 2008 deutlich weniger CO2-Emissionsrechte zuzugestehen als derzeit noch der Fall. Für neue Kraftwerksbauten gilt dies allerdings nicht: Sie sollen – unabhängig vom Brennstoff Gas oder Kohle – bis zu 14 Jahre lang umsonst und in vollem Umfang mit den benötigten CO2-Emissionsrechten versorgt werden. „Natürlich muss man das in der Kalkulation berücksichtigen“, sagt swb-Sprecherin Marlene Odenbach. Im Vergleich mit einem Gaskraftwerk, das nur halb so viel Treibhausgas emittieren würde, kommen die kostenlosen Zertifikate einer Subvention des Kohlekraftwerks in Höhe von über 600 Millionen Euro gleich. Man wolle mit dieser – von der EU noch kritisierten Regelung – „Investitionsanreize setzen“, heißt es beim Umweltministerium.

Gemäß dem Bremischen Energiegesetz soll das Land bei der swb vor dem Bau eines neuen Kraftwerks anhalten zu „prüfen, ob stattdessen oder ergänzend Maßnahmen zur Energieeinsparung oder zur rationellen Energienutzung und versorgung technisch möglich sind und welche zusätzlichen Kosten hierdurch verursacht würden“. Rechtlich sind dessen Einflussmöglichkeiten allerdings begrenzt: Gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz muss die swb nur die Einhaltung der Grenzwerte durch ihre Anlage nachweisen – die es für CO2 nicht gibt.