off-kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Mittlerweile nimmt Brian Wilson wieder Platten am laufenden Band auf und gibt sogar Konzerte – eine Beschäftigung, die der in der Öffentlichkeit stets etwas unsicher wirkende Musiker früher wahrlich nicht zu seinen liebsten zählte. Doch das alles sah 1994, als Don Was mit Wilson ein Album mit Neueinspielungen älterer Hits des Beach-Boys-Masterminds produzierte und die Sessions auch gleich mit der Kamera für den Film „Brian Wilson – I Wasn’t Made For These Times“ dokumentierte, noch ganz anders aus. Damals erholte sich Wilson gerade erst von seinen starken psychischen Problemen, die ihn seit Mitte der 1960er-Jahre gequält hatten, als er die Aufnahmen zum berühmten „Smile“-Album abbrach und anschließend in einer Welt von Drogen und Apathie versank. 1994 gab sich Wilson zwar schon wieder relativ locker und aufgeräumt und erzählte mit Selbstironie von jenen Tagen, als er voller Selbstmitleid steckte, jahrelang das Schlafzimmer nicht verließ und seine „Denkprozesse völlig daneben abliefen“. Doch man kann ihm die Spuren seiner Krankheit ansehen, und immer wieder schimmern in den Gesprächen auch Wilsons tiefgreifende Lebensängste durch. Die Arbeiten an Film und Album wirken da offensichtlich wie eine Therapie: Am Klavier blüht Wilson auf, und seine – ebenfalls musizierenden – erwachsenen Töchter berichten von der wiedergefundenen Beziehung zum Vater. Sieht aus, als habe es für Wilson doch noch ein Happyend gegeben.
Eigentlich war der deutsche „Titanic“-Film, den das Zeughauskino jetzt in seiner Maritim-Filmreihe zeigt, mitten im Zweiten Weltkrieg als antibritisches Propagandawerk geplant. Hier sollte eine dekadente, geldgierige Gesellschaft gewissermaßen selbstverschuldet – der Rekord für die schnellste Atlantiküberquerung soll den Kursverfall der Reederei-Aktien aufhalten – mit dem Luxusliner im Eismeer versinken. Doch dann erwies sich die „Titanic“-Produktion selbst als Katastrophe. Nicht allein, dass der Regisseur Herbert Selpin während der Dreharbeiten von der Gestapo verhaftet wurde und kurze Zeit später unter nie ganz geklärten Umständen verstarb, es wurde auch schnell deutlich, dass der Film über den absaufenden Dampfer allzu offensichtliche Parallelen zum bereits im Untergang befindlichen Dritten Reich aufwies: Die Panik auf dem Schiff erinnerte stark an das reale Chaos während der Bombennächte in den deutschen Städten. Und so wurde „Titanic“ kurz nach der Premiere im besetzten Paris wegen befürchteter defätistischer Tendenzen gleich wieder verboten.
Jahr für Jahr erinnert uns Frank Capras schön bittersüße Sozialfantasie „It’s a Wonderful Life“ (1947) daran, dass bald wieder Weihnachten ist. Denn George Bailey (James Stewart), der Vorsitzende einer örtlichen Bausparkasse, will sich ausgerechnet am Weihnachtsabend das Leben nehmen. Doch da führt ihm sein Schutzengel vor, was er in seiner Kleinstadtwelt alles Gutes bewirkt hat und wie es ohne ihn aussehen würde: Eine Spielhölle steht an der Stelle der Bausparkasse! Diese Vorstellung kuriert den guten George dann augenblicklich. LARS PENNING