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Archiv-Artikel

Rüttgers vereinsamt

Die CDU-Bundestagsfraktion gibt dem Reformplan für längeres Arbeitslosengeld wenig Chancen. Selbst Parteifreunde aus dem eigenen Landesverband lassen Ministerpräsident Rüttgers im Stich

VON MARTIN TEIGELER

Die Antwort von CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach war barsch. „Erledigt“, sagte er gestern auf die Frage, was denn nun aus den Plänen von Jürgen Rüttgers zur Hartz-Generalrevision werden solle: „Nicht mein Thema“. Der auf dem CDU-Bundesparteitag in Dresden beschlossene NRW-Vorschlag, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für Ältere zu verlängern, hat wenig Unterstützer in der Bundestagsfraktion der Union. Die SPD betonte gestern erneut, der Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen werde nicht Gesetz – und auch aus den eigenen Reihe erhielt Rüttgers negative Signale.

Von der großen Koalition werde der Beschluss des CDU-Parteitages wohl nicht umgesetzt, sagte Fraktionschef Volker Kauder. „Die Chancen, dass sich etwas bewegt, sind gering, weil die SPD bereits gesagt hat, dass sie nicht mitmacht“, so Kauder in der Berliner Zeitung. Offen ist nach Kauders Darstellung sogar, ob die CDU-Beschlüsse von der Bundestagsfraktion aufgenommen werden. „Zunächst einmal muss der Antrag ankommen, darauf warten wir jetzt“, sagte der Unionsfraktionschef. Zuvor hatte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer den Rüttgers-Plan abgewiesen: „Dieser Antrag, der ist in seiner Verzwirbeltheit in der praktischen Politik sowieso nicht umsetzbar.“

Ein CDU-Landessprecher beharrte dagegen auf dem NRW-Vorstoß: „Man kann sich unserem Antrag nicht entziehen.“ Der Parteitag habe beschlossen, dass sich die Bundestagsfraktion mit dem Thema beschäftigten müsse. Auch Ministerpräsident Rüttgers hatte gefordert, sein Vorstoß müsse Konsequenzen in der Koalition haben. Der CDU-Bundesvize war auf dem Parteikongress mit einem Ergebnis von 57 Prozent abgestraft worden – sein inhaltlicher Antrag zum Arbeitslosengeld hatte dagegen eine Mehrheit bekommen.

Unterstützung bekam Rüttgers nur vereinzelt – und eher von den Hinterbänken. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Uwe Schummer (CDU), verlangte eine „beschleunigte Umsetzung“ der CDU-Beschlüsse durch Gesetze. Dies sei ein „klarer Auftrag des CDU-Parteitages“, so der Bundestagsabgeordnete aus Viersen. Andere christdemokratische NRW-Bundestagsabgeordnete wollten sich zu den Chancen der Rüttgers-Reform auf Anfrage lieber nicht äußern – selbst von NRW-Landesgruppenchef Peter Hintze war gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Der NRW-Christdemokrat Bosbach hatte die grundsätzliche Kritik vieler Bundespolitiker an dem Vorschlag unlängst auf den Punkt gebracht. „Ich halte den Vorstoß für ebenso populär wie problematisch.“ Problematisch sei er unter anderem deswegen, weil man zwangsläufig jüngeren Arbeitnehmern das Arbeitslosengeld kürzen müsse – „und das wird dann auch Familien treffen mit kleinen Kindern, Familien, die sich vielleicht gerade ein Häuschen gebaut haben und Hypothekenzinsen zahlen müssen, und auch solche Familien, die nie die Gelegenheit hatten, Rücklagen für Notfälle zu bilden“.